Separatistenchef auf freiem Fuß
Carles Puigdemont darf Sardinien aber nicht verlassen.
ROM. Es war eine Reise zu viel: Carles Puigdemont (58), Anführer der radikalen katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter, war am Donnerstagabend in Sardinien festgenommen worden. Gegen ihn liegt ein Europäischer Haftbefehl vor, ausgestellt vom spanischen Höchstgericht. Ihm wird in Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 „Rebellion und Veruntreuung öffentlicher Gelder“vorgeworfen. Puigdemont setzte sich damals nach Belgien ab, gleichsam ins Exil. Am Samstag soll ein italienisches
Gericht entscheiden, ob er ausgeliefert wird – bis dahin wurde er auf freien Fuß gesetzt, muss aber auf Sardinien bleiben. In Spanien droht Puigdemont eine lange Haftstrafe. Mehrere Regierungskollegen und
Unabhängigkeitsaktivisten wurden unter ähnlichen Anklagen zu bis zu 13 Jahren verurteilt – und mittlerweile begnadigt.
Puigdemont wollte an einem Treffen unabhängiger Kommunalpolitiker Sardiniens teilnehmen. Es liegt nahe, dass Spanien den italienischen Behörden den bevorstehenden Besuch Puigdemonts diskret angezeigt hat. „Er muss sich der Justiz stellen“, meinte Spaniens Premier Pedro Sánchez. Ob dies gelingt, ist unklar. Selbst wenn Italiens Richter die Überstellung an Spanien genehmigen sollten, bleibt ein weiteres Problem: Puigdemont sitzt für seine Unabhängigkeitspartei Junts per Catalunya (Gemeinsam für Katalonien) im EU-Parlament. Das hat ihm zwar im März die Immunität entzogen. Aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen: Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg lehnte Puigdemonts Klage gegen die Aufhebung nur in einem vorläufigen Spruch ab.