Das Beste aus vier Welten blieb uns erspart
Zum Glück. Doch die Regierungskrise lässt alle beschädigt zurück. SPÖ und Grüne haben ihre Unschuld verloren.
Wären die Grünen bereit gewesen, mit Herbert Kickl und der FPÖ in eine Koalition zu gehen? Dass die grüne Klubchefin Sigrid Maurer nach mehrfacher Nachfrage im „ZiB2“-Interview am Montag keine klare Antwort auf diese Frage fand, war die Antwort: Ja, die Grünen wären dazu bereit gewesen, wenn auch mit großem Bauchweh. Jede Wette, dass die angeschlagene ÖVP ihren Junior-Regierungspartner bei jeder sich bietenden Gelegenheit daran erinnern wird.
Ihre Unschuld endgültig verloren hat am vergangenen Wochenende auch die Bundes-SPÖ, die in der Sekunde bereit gewesen wäre, ihre Prinzipien über Bord zu werfen und sich mit der FPÖ zusammenzutun. Eine Kanzlerin Pamela Rendi-Wagner? Warum nicht, sagte die rote Parteichefin. Ein blauer Gesundheitsminister Herbert Kickl? Na ja, Gesundheitsminister würde Kickl als erklärter Impfgegner in so einer Konstellation ja nicht werden, meinte sie. Der kurze, aber intensive Flirt mit den Blauen wird der SPÖ und ihrer Parteichefin noch lang nachhängen.
Natürlich wäre eine Vierparteienkoalition unter dem Titel „staatstragend“verkauft worden. Motto: Wir müssen zusammenarbeiten, um dem Land jenen Stillstand zu ersparen, der unweigerlich mit einer Neuwahl einherginge. Doch stabil wäre an dem Pakt, sozusagen dem Besten aus vier Welten durch Kickls
Gnaden, nichts gewesen. Das offenbarte sich auch bei der Sondersitzung im Nationalrat.
Nicht einmal da fand die Opposition eine gemeinsame Linie, um als Bollwerk gegen die Regierung aufzutreten, das sie so gern wäre: Die FPÖ machte den erwarteten Rundumschlag. Aus „Kurz muss weg“wurde „Die ganze Regierung muss weg“. Die SPÖ lavierte herum und sprach schließlich dem Finanzminister ihr Misstrauen aus. Nur die Neos waren klug genug, sich nach diesem innenpolitisch so bewegten Wochenende samt Kanzler-Tausch mit eigenen Misstrauensanträgen zurückzuhalten.
Man kann von Glück sprechen, dass dem Land das Vierparteienexperiment erspart geblieben ist. Und eine Neuwahl, die keiner will und die auch die Opposition auf dem falschen Fuß erwischt hätte.
Die Regierungskrise sei vorbei, nun gelte es „das massiv erschütterte Vertrauen in die Politik“wiederherzustellen, sagte der Bundespräsident, als klar war, dass ÖVP und Grüne ohne Sebastian Kurz als Kanzler weitermachen. Wie? Durch, Zitat Van der Bellen, „Arbeit, Arbeit, Arbeit“. – Das gilt vor allem für die Regierung. Das gilt aber genauso für die Opposition, die erst zeigen muss, dass sie es besser könnte.