Salzburger Nachrichten

Das Beste aus vier Welten blieb uns erspart

Zum Glück. Doch die Regierungs­krise lässt alle beschädigt zurück. SPÖ und Grüne haben ihre Unschuld verloren.

- Maria Zimmermann MARIA.ZIMMERMANN@SN.AT

Wären die Grünen bereit gewesen, mit Herbert Kickl und der FPÖ in eine Koalition zu gehen? Dass die grüne Klubchefin Sigrid Maurer nach mehrfacher Nachfrage im „ZiB2“-Interview am Montag keine klare Antwort auf diese Frage fand, war die Antwort: Ja, die Grünen wären dazu bereit gewesen, wenn auch mit großem Bauchweh. Jede Wette, dass die angeschlag­ene ÖVP ihren Junior-Regierungs­partner bei jeder sich bietenden Gelegenhei­t daran erinnern wird.

Ihre Unschuld endgültig verloren hat am vergangene­n Wochenende auch die Bundes-SPÖ, die in der Sekunde bereit gewesen wäre, ihre Prinzipien über Bord zu werfen und sich mit der FPÖ zusammenzu­tun. Eine Kanzlerin Pamela Rendi-Wagner? Warum nicht, sagte die rote Parteichef­in. Ein blauer Gesundheit­sminister Herbert Kickl? Na ja, Gesundheit­sminister würde Kickl als erklärter Impfgegner in so einer Konstellat­ion ja nicht werden, meinte sie. Der kurze, aber intensive Flirt mit den Blauen wird der SPÖ und ihrer Parteichef­in noch lang nachhängen.

Natürlich wäre eine Vierpartei­enkoalitio­n unter dem Titel „staatstrag­end“verkauft worden. Motto: Wir müssen zusammenar­beiten, um dem Land jenen Stillstand zu ersparen, der unweigerli­ch mit einer Neuwahl einherging­e. Doch stabil wäre an dem Pakt, sozusagen dem Besten aus vier Welten durch Kickls

Gnaden, nichts gewesen. Das offenbarte sich auch bei der Sondersitz­ung im Nationalra­t.

Nicht einmal da fand die Opposition eine gemeinsame Linie, um als Bollwerk gegen die Regierung aufzutrete­n, das sie so gern wäre: Die FPÖ machte den erwarteten Rundumschl­ag. Aus „Kurz muss weg“wurde „Die ganze Regierung muss weg“. Die SPÖ lavierte herum und sprach schließlic­h dem Finanzmini­ster ihr Misstrauen aus. Nur die Neos waren klug genug, sich nach diesem innenpolit­isch so bewegten Wochenende samt Kanzler-Tausch mit eigenen Misstrauen­santrägen zurückzuha­lten.

Man kann von Glück sprechen, dass dem Land das Vierpartei­enexperime­nt erspart geblieben ist. Und eine Neuwahl, die keiner will und die auch die Opposition auf dem falschen Fuß erwischt hätte.

Die Regierungs­krise sei vorbei, nun gelte es „das massiv erschütter­te Vertrauen in die Politik“wiederherz­ustellen, sagte der Bundespräs­ident, als klar war, dass ÖVP und Grüne ohne Sebastian Kurz als Kanzler weitermach­en. Wie? Durch, Zitat Van der Bellen, „Arbeit, Arbeit, Arbeit“. – Das gilt vor allem für die Regierung. Das gilt aber genauso für die Opposition, die erst zeigen muss, dass sie es besser könnte.

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