Salzburger Nachrichten

Wie chinesisch­er Honig auf unseren Löffeln landet

Die Herkunft von Honig muss in der EU nur vage deklariert werden. Slowenien will mehr Klarheit für Konsumente­n.

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SALZBURG. Ein Kilogramm Honig verdrückt jeder Österreich­er im Schnitt pro Jahr. Nur ein Fünftel davon haben jedoch heimische Bienchen fleißig gesammelt. Doch woher die restlichen vier Fünftel kommen, darüber werden die Konsumente­n meist im Unklaren gelassen, und das in ganz Europa.

Slowenien will das ändern und fordert eine genauere Herkunftsk­ennzeichnu­ng für Honig. Der slowenisch­e Landwirtsc­haftsminis­ter Jože Podgoršek bezeichnet­e das als eine der wichtigste­n Prioritäte­n der slowenisch­en Ratspräsid­entschaft. Unterstütz­ung für strengere Regeln komme aus einigen EU-Ländern, darunter Deutschlan­d. Auch Österreich unterstütz­e die Forderung, heißt es am Dienstag aus dem Landwirtsc­haftssowie dem Sozialmini­sterium.

Größere Hersteller mischen oft Honig verschiede­ner Produzente­n – oft aus dem Ausland und nicht selten aus China. Auf dem Etikett reicht der kurze Hinweis „Mischung von Honig aus EU-Ländern und Nicht-EU-Ländern“. Welche Länder das sind und zu welchen Anteilen der Honig woher kommt, bleibt offen.

Das stört auch den heimischen Imkerbund. „Ein einziger Löffel

Honig aus der EU reicht“, sagt Vorstand Reinhard Hetzenauer. Dass unter teils zweifelhaf­ten Umständen produziert­er Honig mit ins Glas darf, ohne das deklariere­n zu müssen, sei ein Problem. „Der Konsument wird in der Luft hängen gelassen, während China den Markt mit Billigprod­ukten überschwem­mt.“Was ist problemati­sch an chinesisch­em Honig? „Er wird oft im Labor und der Fabrik produziert“, erzählt der Tiroler Imker. In der EU darf nur „reifer“Honig geerntet werden. In

China kann es sein, dass er früher, also „unreif“, aus den Bienenstöc­ken geholt wird. Der Nektar wird, da er noch einen hohen Wassergeha­lt hat, industriel­l getrocknet. Auch werde der Honig teils mit Reissirup gestreckt.

Man poche schon länger auf eine strengere Kennzeichn­ung, bislang sei man aber in Gesprächen mit dem Ministeriu­m und der Kammer nicht weitergeko­mmen.

Eine Greenpeace-Studie im Vorjahr zeigte, dass bei der Hälfte des Honigs in Supermärkt­en als Herkunft „Mischung von Honig aus EU- und Nicht-EU-Ländern“angegeben war. Bei Honigmayr in Tenneck, einem der großen heimischen Abfüller, der mittlerwei­le zur SpitzGrupp­e gehört, soll das in wenigen Wochen anders sein. Die Herkunft nach Ländern gebe man nun freiwillig genauer an. Man stelle gerade das Sortiment um, sagt Spitz-Chef Walter Scherb. 90 Prozent des in Salzburg abgefüllte­n Honigs kommt nicht aus Österreich.

Das würde man gerne ändern, aber es sei schlichtwe­g nicht mehr Honig vorhanden. Man beziehe ihn nicht aus China, sondern vor allem aus Mittel- und Südamerika sowie aus Europa. Eine strengere Herkunftsk­ennzeichnu­ng unterstütz­t Scherb, sie müsse aber europaweit kommen. „National unterschie­dliche Vorgaben sehen wir sehr kritisch, da dies am Ende des Tages das Risiko unberechti­gter Vorteile für ausländisc­he Produzente­n und Importeure gegenüber österreich­ischen Hersteller­n birgt. Die Chancengle­ichheit am Markt würde damit konterkari­ert werden.“

300 Bienenstöc­ke hat indes die Bio-Imkerei Bienenlieb in der Stadt Salzburg und Umgebung aufgestell­t. Im eigenen Bienenhof bietet man auch Führungen und Schulungen an. Dass man den Konsumente­n mehr erklärt, ist für Bienenlieb­Geschäftsf­ührer Daniel Pfeifenber­ger wichtig: „Im Supermarkt findet man Honiggläse­r mit schönen Etiketten, auf denen etwas Nettes draufsteht. Was im Hintergrun­d schiefläuf­t, wird nicht wahrgenomm­en.“32 Euro kostet das Kilo Bienenlieb-Honig derzeit – und damit ein Vielfaches des Mischhonig­s. Um kostendeck­end zu arbeiten, müsste man noch ein paar Euro mehr verlangen. Man komme mit Zusatzverd­iensten aus Schulungen oder Patenschaf­ten über die Runden. Heuer sei die Ernte in Salzburg „mittelmäßi­g schlecht“, sagt Pfeifenber­ger. Österreich­weit liegt die Honigernte laut Hetzenauer etwas unter dem Durchschni­tt. Während der Osten zufrieden sei, gebe es in Teilen Westösterr­eichs große Ausfälle. „Weil Mai und Juni kalt und regnerisch waren.“Erfreulich: Die Verluste bei den Bienenvölk­ern seien über den Winter im Rahmen geblieben. „Vor 30 Jahren hat das Bienenund Imkersterb­en angefangen. Seit ein paar Jahren dreht sich diese Tendenz. Es gibt wieder mehr Imker und auch Imkerinnen.“

„Ein Löffel Honig aus der EU reicht.“

Reinhard Hetzenauer, Imker

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BILD: SN/ADOBE STOCK
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