Kein Lockdown für Geimpfte
Oder nachweislich Genesene. Aber wie soll der Lockdown für Ungeimpfte kontrolliert werden? Und werden die Maßnahmen reichen, um die Spitäler spürbar zu entlasten?
Laut dem deutschen Infektiologen Christian Drosten gibt es keine „Pandemie der Ungeimpften“, sondern nur eine Pandemie, die angesichts der deutlich infektiöseren Delta-Variante und des nachlassenden Impfschutzes nach wenigen Monaten auch doppelt Geimpfte trifft. Österreichs Bundesregierung versucht dennoch, zu unterscheiden: Seit Mitternacht gilt der Lockdown für Ungeimpfte, wie die Regierung nach einer Videokonferenz mit den Landeshauptleuten am Sonntag verkündete. Wer nicht geimpft oder nachweislich in den vergangenen 180 Tagen genesen ist, darf für vorerst zehn Tage die eigenen vier Wände nur noch für Arbeit, Ausbildung, lebenswichtige Besorgungen (Lebensmittel, Medikamente, Hygieneartikel) und Arztbesuche verlassen, zum Luftschnappen – oder um sich impfen zu lassen. Ausgenommen sind Kinder bis zwölf Jahre und Schwangere.
„Kein Thema“war laut Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein ein Lockdown auch für Geimpfte in den Corona-Hotspots Salzburg und Oberösterreich. Das hatte unter anderem sein Vorgänger Rudolf Anschober gefordert. Mückstein kündigte nur Gespräche über weitere Maßnahmen an. Wenn die Dynamik bei den Infektionszahlen – der
Trend zeigt steil nach oben – anhalte, seien aber weitere Verschärfungen nicht ausgeschlossen, hielt Mückstein fest. Bundeskanzler Alexander Schallenberg, der seit Tagen einen Lockdown für Geimpfte kategorisch ausschließt, betonte, dass man die Maßnahmen „nicht leichten Herzens beschließe“, er es aber für „legitim“halte, ausschließlich einen Lockdown für Ungeimpfte zu verhängen. Denn zwar steige die Inzidenz der Neuinfektionen weiterhin, die Infektionen bei den Geimpften gingen allerdings wieder
zurück. Während, wie berichtet, eine Impfpflicht für die Gesundheitsberufe kommt, ist eine allgemeine Impfpflicht für die Regierung ebenfalls kein Thema.
Die große Frage war am Sonntag, wie man den Lockdown für Ungeimpfte kontrollieren kann. Aus Teilen der Polizeigewerkschaft und auch vonseiten der Ampelkommission waren schon im Vorfeld ernsthafte Zweifel an der Umsetzbarkeit aufgekommen. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) kündigte am Sonntag jedenfalls ein „engmaschiges Netz“an Kontrollen an. So soll etwa im Zuge von Verkehrskontrollen ebenso wie in Kaufhäusern nach dem Impf- oder Genesenennachweis gefragt werden. Ab Montag werde es pro Bezirk zwei zusätzliche Polizeistreifen geben, die ausschließlich für die Kontrollen des Teillockdowns zuständig seien. Nehammer kündigte auch Schwerpunktkontrollen an – etwa vonseiten der Betrugsbekämpfung im Hinblick auf gefälschte Zertifikate. Wie schon in den bisherigen Lockdowns sind Kontrollen in den eigenen vier Wänden nicht möglich. Nehammer appellierte aber an alle Betroffenen, die Maßnahmen auch im privaten Bereich einzuhalten.
Was die Bundesregierung am Sonntag verkündet hat, ist „die Unterkante“der Maßnahmen, wie betont wurde. Will heißen: Die Bundesländer können nach eigenem Ermessen nachschärfen, wie das Wien bereits seit Monaten macht. Oberösterreich und Salzburg, wo die Lage derzeit am massivsten aus dem Ruder läuft, verschärfen: In Oberösterreich etwa haben Nachtlokale bis 5. Dezember geschlossen, auch an Imbissständen gilt die 2GRegel. Amateurfußballspiele gibt es nur noch ohne Zuschauer. In Salzburg gilt unter anderem ein 2GNachweis für Museen, Ausstellungen, Bibliotheken, Archive und auf Christkindlmärkten. Dort gilt auch Alkoholverbot.
Die Schulen bleiben bundesweit in Präsenzunterricht, allerdings startet am Montag wieder eine zweiwöchige Sicherheitsphase: Bundesweit müssen alle Schüler wieder drei Mal pro Woche testen (auch geimpfte und genesene), davon zwei Mal per PCR-Test, wie das bisher nur in Wien der Fall war.