Marko: „Wäre der bisher wertvollste WM-Titel“
Helmut Marko: Wir sind uns bewusst, dass wir noch ein Rennen gewinnen oder zumindest vor Hamilton beenden müssen. In Brasilien waren wir gegen die Kombination aus dem neuen Mercedes-Motor und einem aus unserer Sicht beweglichen Heckflügel chancenlos, in Katar haben wir nach der Startplatzstrafe für Verstappen optimale Schadensbegrenzung betrieben und waren auf den Geraden mit Mercedes sogar nahezu gleichauf.
Die Streckenlayouts sprechen ja nicht gerade für Red Bull.
Wie stehen die Chancen auf den beiden Kursen?
Die Prognosen, welches Team auf welcher Strecke im Vorhinein der Favorit ist, sind in dieser Saison oft nicht eingetroffen. Die Strecke in Saudi-Arabien ist auf jeden Fall sehr schnell, aber wir gehen mit der Einstellung hin, dass wir gewinnen können. Im Rennen gehe ich dann von einigen Safety-Car-Phasen aus, weil der Kurs so schnell ist, die Mauern nah dran sind und niemand auf der Strecke Erfahrung hat. In Abu Dhabi haben wir auf der alten Streckenführung im vergangenen Jahr souverän gewonnen. Jetzt gibt es dort aber weniger Kurven und mehr Geraden. Ein Vorsprung von über zehn Punkten vor dem letzten Rennen wäre auf jeden Fall gut.
Wie kann man sich gegen Mercedes und Hamilton behaupten?
Man weiß inzwischen, dass der Mercedes-Motor schneller an Leistung verliert, und die HeckflügelThematik wird genau untersucht, da vertrauen wir der FIA. Und wenn Hamilton in dieser Saison überhaupt Schwächen gezeigt hat, dann auf Stadtkursen. In Monaco und Baku war er nicht vorn dabei.
Das hängt uns natürlich nach, aber es hilft ja nicht. In Baku war es ein Reifenschaden und dann wurde er zwei Mal von einem Mercedes abgeschossen.
Für sein junges Alter ist er unglaublich abgeklärt und reif. Andere Dinge wie die sozialen Medien scheren ihn überhaupt nicht, er fokussiert sich voll und ganz auf die Formel 1 und den Titelkampf.
Ich bin der Meinung, dass es für uns der bisher wertvollste WM-Titel seit unserem Einstieg in die Formel 1 wäre. Man muss sich nur einmal die Intensität dieses Zweikampfs anschauen. Verstappen und Hamilton
fahren ja schon das ganze Jahr in einer eigenen Liga und Mercedes war über viele Jahre hinweg dominant.
Am liebsten wollen wir natürlich beide WM-Wertungen gewinnen. Aber wenn ich mich für einen entscheiden müsste, dann wäre es der Fahrertitel.
In den vergangenen Rennen war ein sehr positiver Trend zu erkennen, der in Katar leider unterbrochen wurde. Über die Schwäche im Qualifying haben wir mit ihm gesprochen. In Dschidda muss er auf jeden Fall wieder vorn dabei sein.
Pierre Gasly ist sehr, sehr gut drauf und fährt gerade seine beste Saison. Yuki Tsunoda hat gut begonnen, aber einige Unfälle gehabt. Dann haben wir Alexander Albon vorzeitig aus der DTM abgezogen und als Fahrercoach für ihn eingesetzt. Seitdem
geht es bergauf und Tsunoda kann besser mit Gasly mithalten. In der Formel 2 sind wir in der kommenden Saison mit Liam Lawson, Jüri Vips und Formel-3Sieger Dennis Hauger sehr gut aufgestellt.
Mehr Teams zu haben ist eine Überlegung, die zuerst die Formel 1 anstellen muss. Durch die hohe Sicherheit gibt es aber kaum noch Ausfälle von Fahrern und die Piloten fahren viel länger. Deshalb ist es für junge Fahrer unglaublich schwierig, in die Formel 1 zu kommen.
Wir machen den Rennkalender nicht und als Team ist es nicht unsere Aufgabe, uns politisch zu exponieren. Wenn wir in solchen Ländern sind, richtet sich der Fokus darauf. Das kann Positives bewirken.