Stumpfsinn ist keine Meinung
Spotify wirft Neil Young hinaus, weil der Musiker Corona-Falschinfos kritisiert.
Neil Young, der große Vorsitzende der Rockmusik, ist ein Mann klarer Worte: „Keep on rockin’ in the free world“, singt er. Und diese Free World ist eine Welt, die Fake News nicht verträgt, um nicht zu sagen: Fake News werden in der Neil-Young-Welt mit der Macht der E-Gitarre zerlegt und vertrieben. Oder, wenn nichts mehr hilft und der Musik keiner mehr zuhören will in einer laut plärrenden Welt, mit einem offenen Brief. Daher sind diese Gitarre und die nasale Stimme Youngs nicht mehr zu hören auf Spotify. Der Streamingdienst Spotify ist derzeit eines der mächtigsten Herrschaftsimperien der Musikwelt. Was im Fall von Neil Young heißt: Etwa 60 Prozent der weltweit gestreamten Musik des Rockmusikers werden bei Spotify gehört. Es kann dem 76-Jährigen nach gut 50 Jahren im Geschäft aus finanzieller Sicht aber durchaus recht egal sein, Spotify bezahlt Künstlerinnen und Künstler ohnehin lächerlich.
Trotzdem wiegt es schwer, dass Spotify nun die Songs von Neil Young aus dem Programm geworfen hat. Es geht nämlich um eine Frage der Freiheit, um die Frage, was die Basis einer „Free World“sein muss. Young kritisierte in einem offenen Brief auf seiner Homepage scharf, dass auf Spotify etwa in Podcasts Verschwörungstheorien und Falschinformationen über Coronavirus-Impfstoffe verbreitet werden. Konkret griff er US-Comedian Joe Rogan an: „Sie können Rogan oder Young haben. Nicht beide“, schrieb Young. Doch Spotify kam ihm nun zuvor. Kein Neil mehr, aber Rogan. Man habe Youngs Musik entfernt. Mit Bedauern, wie man in der schwedischen Konzernzentrale mitteilen ließ. Aber was für ein Bedauern soll das sein? Nun könnte man argumentieren, dass eine Freiheit auch darin bestehe, Stumpfsinn über Impfstoffe oder Corona zu verbreiten. Doch Meinungsfreiheit endet dort, wo unter dem Deckmantel der Meinung wissenschaftlich erwiesener Schwachsinn verzapft wird. Man hoffe, Neil Young bald wieder begrüßen zu dürfen, ließ Spotify wissen. Aber warum denn? Wer Neil Young hört, hat ohnehin seine Schallplatten und die CDs daheim.