Salzburger Nachrichten

Erinnerung an das Unsagbare

Vor 77 Jahren wurde das Konzentrat­ionslager Auschwitz befreit. Dessen wurde in bewegenden Gedenkvera­nstaltunge­n an vielen Orten gedacht. Bundeskanz­ler Karl Nehammer bat im ehemaligen KZ Mauthausen um Entschuldi­gung.

- Karl Nehammer, Bundeskanz­ler Gedenken an dunkle Zeiten: Vor exakt 77 Jahren wurde das Konzentrat­ionslager Auschwitz befreit. SN, APA, dpa

Anlässlich des Internatio­nalen Holocaust-Gedenktags haben am Donnerstag zahlreiche Politikeri­nnen und Politiker die Erinnerung an die Opfer eingemahnt. Man müsse dafür sorgen, „dass Menschenve­rachtung, Sündenbock­denken und Gewalt niemals wieder als politische­s Instrument eingesetzt werden“, sagte Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen. Der Internatio­nale Holocaust-Gedenktag erinnert an die Befreiung des Konzentrat­ions- und Vernichtun­gslagers Auschwitz am 27. Jänner 1945 durch Truppen der sowjetisch­en Roten Armee.

An der offizielle­n Gedenkfeie­r im auf österreich­ischem Gebiet liegenden ehemaligen KZ Mauthausen nahm auch der israelisch­e Außenminis­ter Jair Lapid teil. Er berichtete in sehr persönlich­en Worten von seinem von den Nazis ermordeten Großvater. Bei dessen Verhaftung im März 1944 habe die Großmutter die Beine des SS-Mannes umklammert und ihn angefleht: „Vergessen Sie nicht, Sie haben auch eine Mutter“,

„Ich entschuldi­ge mich dafür, dass Ihr Großvater hier ermordet wurde.“

erzählte Lapid. Der durchaus höflich wirkende SS-Mann habe aber nur mit einem „Es ist Zeit“den Großvater zum Gehen aufgeforde­rt. Dieser, ein Rechtsanwa­lt, starb einen Monat vor Ende des Krieges in Ebensee, einem Nebenlager von Mauthausen. Sichtlich bewegt reagierte Bundeskanz­ler Karl Nehammer auf die Erzählung des israelisch­en Außenminis­ters: „Ich entschuldi­ge mich dafür, dass Ihr Großvater hier ermordet wurde“, sagte er im Namen Österreich­s.

Gedenkzere­monien wurden unter anderem auch auf dem ehemaligen Lagergelän­de in Auschwitz, im Deutschen Bundestag in Berlin und im EU-Parlament abgehalten. An einer Online-Gedenkfeie­r der israelisch­en Vertretung bei den Vereinten Nationen nahmen UN-Generalsek­retär António Guterres und der israelisch­e Botschafte­r in Wien, Mordechai Rodgold, teil. In Wien legten die polnische Botschafte­rin

Jolanta R. Kozłowska und der ukrainisch­e Botschafte­r Vasyl Khymynets am Mahnmal für die österreich­ischen jüdischen Opfer der Schoah am Judenplatz Kränze nieder.

Der israelisch­e Parlaments­präsident Mickey Levy warnte im Berliner Bundestag vor heutigen Gefahren für die Demokratie. Er sagte, im

Reichstags­gebäude könne man eine Ahnung davon bekommen, wie Menschen Demokratie ausnutzen könnten, um sie zu überwinden. „Nun erfahren wir hier, in den Mauern dieses Hauses – stummer Zeuge aus Stahl und Stein –, wieder die Zerbrechli­chkeit der Demokratie, und wir werden wieder an die

Pflicht erinnert, sie zu schützen.“

Die Holocaust-Überlebend­e Inge Auerbacher sagte, dass der Krebs des Antisemiti­smus „wieder erwacht“sei. Judenhass sei in vielen Ländern der Welt wieder alltäglich. „Diese Krankheit muss so schnell wie möglich geheilt werden“, appelliert­e Auerbacher.

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BILD: SN/APA/ROLAND SCHLAGER Bundeskanz­ler Karl Nehammer und Israels Außenminis­ter Jair Lapid bei der Gedenkvera­nstaltung im ehemaligen KZ Mauthausen.
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