Warum Ego-Shooter auf ihrem CO2 sitzen bleiben werden
Wettbewerb ist nicht der Weisheit letzter Schluss: ein Paradigmenwechsel.
Es ist beeindruckend, welchen Schwenk viele Unternehmen, von groß bis klein, in den vergangenen zwei, drei Jahren vollzogen haben: Erst vor Kurzem noch löste das Wort Klimaschutz Gähnen und hilfloses Achselzucken aus: „Ja, eh.“Mittlerweile haben viele Managerinnen und Manager die Vokabeln der Klimaretter drauf: Sie wissen nicht nur, was Dekarbonisierung bedeutet und die Taxonomie-Verordnung bringt (dass es teurer wird, schädliche fossile Investitionen zu finanzieren). Sie können grünen von grauem Wasserstoff unterscheiden. Großartig. Aber es geht mehr: Sie ziehen Papiere mit bunten Grafiken aus der Schublade, die zeigen, wann sie wie viel Kohlendioxid loswerden wollen. Hier liegt die Betonung auf wollen, zum Tun fehlt oft noch ein großer Schritt.
Beim Übergang vom Greenwashing, zu dem seit vielen Jahren gern gegriffen wird, zur echten Dekarbonisierung stellt sich nämlich häufig ein Schock ein: Kohlendioxid aus den eigenen Produktions- und Transportketten rauszukriegen ist wesentlich schwieriger zu schaffen als gedacht. Wo fängt man da eigentlich an? Graue Haare macht dabei weniger die technologische Machbarkeit. In vielen Fällen geht es, von Öl und Gas auf erneuerbare Energie und nachhaltige Materialien umzusteigen. Was wirklich graue Haare macht, ist die verdammte Abhängigkeit, die sich Unternehmen eingestehen müssen: Ohne Lieferanten, Kunden und Partner geht überhaupt nichts.
An die Grenzen stößt ein Einzelner bereits bei Transparenz und der leidigen Gretchenfrage nach den Daten: Wie viel Kohlendioxid steckt in welchem Bestandteil? Mit welcher Veränderung könnte man beim eigenen Produkt am meisten Meter machen? Und es hört beim Recycling oder der Wiederverwendung ausrangierter Waren nicht auf: Wie könnte man das Material in einen Kreislauf bringen, anstatt es wegzuwerfen? Es fehlen anerkannte
Berechnungsmodelle für den Klima-Fußabdruck in Wertschöpfungsketten. Jeder strickt eigene Konzepte, doch führt das zum Ziel?
Vielleicht ist es endgültig Zeit, das Spiel als Ego-Shooter aufzugeben. Solche gibt es in der Computerspiele-Welt zuhauf, sie ziehen allein durch die Welt, stets auf die Verteidigung ihrer selbst ausgelegt: Dort, wo bisher recht rasch die Ellbogen ausgefahren wurden – im Kontakt mit Kunden, Lieferanten und Partnern, ja sogar mit Wettbewerbern –, schreit die Dekarbonisierung nach Zusammenarbeit. In Zukunft gibt es für jene, die allein durch die Welt ziehen, nämlich nichts mehr zu gewinnen. Es ist ganz einfach: Wer sich abschottet, wird auf seinem Kohlendioxid schlicht sitzen bleiben.