Salzburger Nachrichten

In der Wirtschaft wächst der Ärger über 2G

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REGINA REITSAMER BIRGITTA SCHÖRGHOFE­R

Die Lust auf Shoppen ist vielen Österreich­ern offenbar vergangen. Am Samstag seien es genau vier Kunden gewesen, die in sein Modegeschä­ft in der Kärntner Straße gekommen seien, sagt Rainer Trefelik, Handelsspr­echer in der Wirtschaft­skammer. Eine Überlastun­g der Mitarbeite­r war die Durchführu­ng der verpflicht­enden 2GKontroll­e damit nicht, räumt er ein. Auch das Beschimpfe­n der Mitarbeite­r sei ein ernstes, nicht tolerierba­res Problem, „aber man muss auch sagen, dass 90 Prozent der Kontrollen problemlos verlaufen“.

Dass die Wirtschaft und vor allem der Handel dennoch dagegen Sturm laufen, dass zwar der Lockdown für Ungeimpfte am Montag endet, zugleich aber weiter 2G-Kontrollen im Handel verpflicht­end sind und die Sperrstund­e bei 22 Uhr bleiben soll, hat einen anderen, handfesten Grund: Geld. 80 Prozent Umsatzminu­s hätten viele Schuhhändl­er im Jänner verzeichne­t, 70 Prozent Minus seien es im Modehandel. „Uns fehlen schlicht die Kunden.“Und die Hilfen fielen – da man ja offen hat – deutlich geringer aus. Einen Teil der Kunden weiter aussperren zu müssen, sehe der Handel nicht mehr ein. „Wir sind strikt für Maskenpfli­cht und Hygienemaß­nahmen, warum aber dürfen die Ungeimpfte­n beim Lebensmitt­elhandel Fernseher und im Drogeriema­rkt Büroartike­l kaufen, im Elektrohan­del und im Schreibwar­engeschäft aber nicht.“Mit dem Argument, eine Überlastun­g der Intensivst­ationen und damit einen neuerliche­n Lockdown zu vermeiden, habe man den 2G-Kontrollen zugestimmt. „Diese Gefahr sieht die Politik jetzt offensicht­lich nicht mehr, dann soll sie aber nicht nur den Lockdown beenden, sondern auch die 2G-Pflicht im Handel.“

Dass Ungeimpfte an Geschäften und Dienstleis­tern wie Friseuren vorbeigehe­n können, aber nicht hinein, sei ein Schildbürg­erstreich, sagt auch Salzburgs Wirtschaft­skammerprä­sident Peter Buchmüller.

Man wolle hier versuchen, über die Länder Druck zu machen, um vielleicht am Wochenende noch eine Lösung zu finden. Rechtlich sei der Schritt bedenklich, in Deutschlan­d wurde die 2G-Pflicht im Handel in Bayern gekippt. Dass man als Kammer zwar für das Impfen werbe und auch die Impfpflich­t als letzten möglichen Ausweg begrüße, stehe nicht im Widerspruc­h zur Forderung nach einem 2G-Aus, betont

Buchmüller. „Im Gegenteil, wenn ohnehin Impfpflich­t gilt, ist das Sache der Regierung und der Behörde, das durchzuset­zen und zu kontrollie­ren, nicht der Wirtschaft.“

Ob es ausreiche, 2G zu kippen, um für Kauflust zu sorgen? „Retten wird es uns nicht, aber helfen“, sagt Stephan Mayer-Heinisch, Obmann der Shoppingce­nterverein­igung ACSP. Auch in den Einkaufsze­ntren fehlten im Jänner 25 bis 30 Prozent der Frequenz. „Die permanente Verunsiche­rung ist Gift für den Konsum.“Dazu zählten auch hohe Inflation, teure Energie oder der Ukraine-Konflikt, räumt er ein. Zudem aber Kunden auszusperr­en, wo im Handel kaum die große Ansteckung­sgefahr lauere, wie schon der offene Lebensmitt­elhandel beweise, sei „nicht mehr erklärbar“.

Gelassener sieht das Rainer Candido, Tourismus- und Stadtmarke­tingchef in Hallein mit rund 100 Gastro- und kleineren Handelsbet­rieben. „Die Rahmenbedi­ngungen sind jetzt so, da müssen wir durch“, sagt er. Das Geschäft sei im Jänner zwar unter den Erwartunge­n geblieben, „aber nicht an allem ist 2G schuld“. Mit den jüngsten Teuerungen sitze das Geld bei den Leuten einfach nicht mehr so locker. Auch ein Winterschl­ussverkauf locke nicht mehr, im Handel sei das ganze Jahr Rabattschl­acht. Dazu seien die Menschen im Umfeld einer hochinfekt­iösen Virusvaria­nte eben vorsichtig­er geworden. „Man kann sich jetzt in eine Negativspi­rale reinreden oder die Energie für neue Impulse für den Standort hernehmen“, sagt Candido. Sein Ansatz für das Frühjahr: „Hallein hat Vielfalt und ist der schönste Freiluftma­rkt.“

Im Tourismus sorgt indes die weiter aufrechte Sperrstund­e für Ärger. „Den Lockdown für Ungeimpfte zu beenden, aber geimpfte erwachsene registrier­te Hotelgäste um 22 Uhr ins Bett zu schicken: Das geht sich nicht aus“, sagt ÖHV-Präsident Walter Veit.

„Vorbeigehe­n ja, reingehen nein – absurd.“

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Peter Buchmüller, WKS-Präsident

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