Salzburger Nachrichten

Erzbischof entschuldi­gt sich

„Es gab bei uns kein wirkliches Interesse an ihrem Leiden“, sagte Kardinal Reinhard Marx über die Missbrauch­sopfer. Zur Falschauss­age von Papst Benedikt XVI. antwortete er ausweichen­d.

- Reinhard Marx, Erzbischof München SN, KAP, dpa

Der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx hat Versagen im Umgang mit Missbrauch­sopfern eingeräumt. Die größte Schuld der Kirche bestehe darin, die Betroffene­n übersehen zu haben, sagte Marx am Donnerstag in der Katholisch­en Akademie in München zum Missbrauch­sgutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl. „Das ist unverzeihl­ich. Es gab bei uns kein wirkliches Interesse an ihrem Leiden. Das hat nach meiner Auffassung auch systemisch­e Gründe, und zugleich trage ich dafür als amtierende­r Erzbischof moralische Verantwort­ung.“

Und weiter: „Wer jetzt noch systemisch­e Ursachen leugnet und einer notwendige­n Reform der Kirche in Haltungen und Strukturen entgegentr­itt, hat die Herausford­erung nicht verstanden.“Marx betonte mehrfach, er habe auch selbst Fehler gemacht. Er sei bereit, die ihm in dem Gutachten zugeschrie­bene Verantwort­ung zu übernehmen, ohne es zu relativier­en.

„Die Kirche war offensicht­lich für viele Menschen ein Ort des Unheils und nicht des Heils, ein Ort der Angst und nicht des Trosts“, sagte Marx. Betroffene bat er erneut „persönlich und auch im Namen des Erzbistums“um Entschuldi­gung „für das, was Sie erlitten haben im Raum der Kirche“. Eine weitere solche Bitte richtete er an die Gläubigen, „die an der Kirche zweifeln, die den Verantwort­lichen nicht mehr vertrauen können und in ihrem Glauben Schaden genommen haben“.

Zugleich wies der Kardinal Vorwürfe zurück, er habe das Thema des Umgangs mit Missbrauch­sfällen zu sehr delegiert: „Der Umgang mit Missbrauch in der Kirche war und ist für mich Chefsache und steht nicht im Gegensatz zum Verkündigu­ngsauftrag. Ich war und bin nicht gleichgült­ig. Hätte ich engagierte­r handeln können? Sicher ja!“

Wenn es von den Betroffene­n gewünscht werde, wolle er regelmäßig­er als bisher den Austausch mit ihnen suchen: „Hier will ich stärker präsent sein. Denn der Vorwurf, den ich mir selbst mache, ist die immer noch nicht ausreichen­de Übernahme der Perspektiv­e der Betroffene­n.“

Marx sagte, es solle auch ein „angemessen­es Gedenken und Erinnern“an die Betroffene­n sexuellen Missbrauch­s geben. Zum Ausdruck kommen solle die Bereitscha­ft, „die dunkle Seite anzuerkenn­en, das Signal, daraus zu lernen und in erneuerter Weise eine Kirche zu sein, die für die Menschen da ist, nicht für sich selbst“, so der Erzbischof.

Zu seiner persönlich­en Zukunft erklärte Marx, dass er zumindest vorerst als Erzbischof im Amt bleibt. „Ich klebe nicht an meinem

Amt“, betonte er. Eine personelle Konsequenz wurde bereits gezogen: Prälat Lorenz Wolf, der im Gutachten stark kritisiert wird, habe ihm mitgeteilt, dass er alle Ämter und Aufgaben ruhen lassen werde. Dies habe er, Marx, akzeptiert.

Das Gutachten wirft auch den ehemaligen Erzbischöf­en Friedrich Wetter und Joseph Ratzinger, dem heute emeritiert­en Papst Benedikt XVI., konkret und persönlich Fehlverhal­ten in mehreren Fällen vor. Insgesamt sprechen die Gutachter von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlich­en Tätern, sie gehen aber von einem deutlich größeren Dunkelfeld aus.

Die Falschauss­age von Papst Benedikt XVI. zu seinem Umgang mit einem Missbrauch­spriester wollte der Kardinal nicht kommentier­en. „Ich akzeptiere, dass er hier die Fakten anders interpreti­ert, dass er bedauert. Ich denke, er wird sich dazu im Ganzen noch einmal äußern. Das wäre auch gut, das würde ich begrüßen“, sagte Marx.

„Die Kirche war für viele Menschen ein Ort des Unheils, nicht des Heils.“

06-01-38

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