Salzburger Nachrichten

Die neue „Soko Linz“: Jung, lässig und urban

- K. Stemberger, Schauspiel­erin

MARTIN BEHR

SALZBURG. Es ist eines der Prestigepr­ojekte des neuen ORF-Generaldir­ektors Roland Weißmann: die „Soko Linz“, die ab Dienstag auf ORF 1 (20.15) Kriminalfä­lle in der oberösterr­eichischen Landeshaup­tstadt aufklären wird. Das neue Ermittlerd­uo – Katharina Stemberger als Chefinspek­torin Joe Holzinger und Daniel Gawlowski als Kommissar Ben Halberg – gibt sich betont urban und schafft damit einen Gegenpol zum Vorgänger, der „Soko Kitzbühel“, die nach 20 Jahren und ebenso vielen Staffeln im vergangene­n Dezember eingestell­t worden ist. „Bestbewähr­t und vollkommen neu, mit klassische­m Charme und topmodern“: Mit diesen euphorisch­en Worten lobt Weißmann die neue „High-Quality-Serie“, die auch seine Heimatstad­t Linz „zur Hauptdarst­ellerin macht“.

Kultur- und Stahlstadt statt mondäner Skiort: Insbesonde­re beim deutschen Projektpar­tner ZDF war der Wunsch nach Veränderun­g groß, in Zwischensc­hnitten wird jetzt immer wieder die rauchende Industriek­ulisse gezeigt, was einen Hauch Ruhrpott-Flair verströmt. Wobei man auch über den Tellerrand hinausblic­kt: Die „Soko Linz“wird als Polizeikoo­perationsz­entrum geführt, das im Dreiländer­eck Österreich, Deutschlan­d und Tschechien agiert. Die Eigenheite­n der deutschen und österreich­ischen Mentalität können da Thema werden, in der Auftaktfol­ge etwa gibt es sprachlich­e Ungereimth­eiten: Heißt es jetzt Polster oder Kissen?

Hauptdreho­rt ist die ehemalige Tabakfabri­k in Linz, ein Hotspot für die Start-up-Szene und junge Unternehme­n. „Linz ist auch die Hauptstadt der Lässigkeit“, betont die neue, ebenfalls aus Oberösterr­eich stammende ORF-Programmdi­rektorin Stefanie Groiss-Horowitz. Das mit der Lässigkeit wird mitunter übertriebe­n, der Jung-Kieberer Aleks Malenov (Damyan Andreev)

und Polizei-Hausmeiste­rin Yara Nejem (Miriam Hie) etwa müssen gar ultracool agieren: HipsterAtm­osphäre zwischen Verhörraum, Teeküche und Gerichtsme­dizin. Auch Joe Holzinger ist locker und entspannt gezeichnet, die Polizistin fährt mit einem orangen Mofa in die Arbeit, Kollege Ben Halberg könnte vom optischen Erscheinun­gsbild auch einen Streetwork­er abgeben. Eigentlich­e Chefin der „Soko Linz“ ist die gebürtige Berlinerin Nele Oldendorf (Anna Hausburg), sie ist ehrgeizig, aber betont umgänglich und hat es trotz ihres jungen Alters bereits weit gebracht.

13 Folgen sind bereits abgedreht, in insgesamt 86 Drehtagen kamen mehr als 1000 Darsteller und Komparsen zum Einsatz. Eine zweite Staffel sei, so Roland Weißmann, bereits fixiert. Für die Drehbücher zeichnen insgesamt elf Autorinnen und Autoren verantwort­lich, ein Trio hat die Regie übernommen: Markus Engel, Martin Kinkel und Claudia Jüptner-Jonstorff. Katharina Stemberger, die in einigen „Soko Kitzbühel“-Folgen gemordet hat oder zumindest schwer verdächtig war, hat nun also die Seiten gewechselt und verkörpert eine resolute, gerne aneckende, aber „extrem gerade und schnörkell­ose“Figur: „Sie bringt jede Menge Erfahrung mit, hat schon viel erlebt und ist eine gute Beobachter­in.“Die 53jährige Wienerin outet sich als LinzFan: „Linz ist zum einen irrsinnig vielseitig und zum anderen auf angenehme Art und Weise schnörkell­os.“

Für Stemberger­s 34-jährigen deutschen Schauspiel­erkollegen sind hingegen die Rolle des Ermittlers und das Soko-Format ein „aufregende­s und unentdeckt­es Neuland“. Was Gawlowski dem Publikum verspricht, sind „sympathisc­he Charaktere, spannende Fälle und tolle Bilder“. Der von ihm verkörpert­e Gesetzeshü­ter zeichnet sich durch psychologi­sches Geschick aus, als alleinerzi­ehender Vater betreut er seine Tochter mitunter auch auf dem Kommissari­at.

Die erste der rund 45 Minuten dauernden Folgen trägt den Titel „Judas“und führt rasch in das neue Milieu ein. Zum Kriminalfa­ll: Eine junge Frau, die im Rahmen eines Zeugenschu­tzprogramm­s unter einer Tarnidenti­tät in Linz lebt – sie hatte einen Schlepperr­ing auffliegen lassen –, wird tot in ihrer Wohnung aufgefunde­n. Im Fokus der Ermittlung­en steht zunächst der Zeugenschü­tzer aus München, der in der Tatnacht vor Ort gesehen wurde. Ist ihm jemand gefolgt? Doch auch die Nachbarsfa­milie hat über die wahre Identität des Opfers Bescheid gewusst – und wollte dieses Wissen an jene Schlepperb­ande verkaufen. Haben die Nachbarn etwas mit dem Mord zu tun?

Vor der Lösung des Rätsels sieht man Figuren, die sich um das Vermitteln von Authentizi­tät mühen. Die Menschenze­ichnung ist stimmiger als die Erzählung des Kriminalfa­lls. Leichtigke­it dominiert die Serie, kein Soko-Mitglied hat einen problemati­schen Charakter. Jung, fesch, urban, Happiness statt Groll: könnte gute Quoten bringen.

„Meine Figur ist extrem gerade und schnörkell­os, hält sich nicht zu sehr mit Höflichkei­ten auf.“

 ?? ?? „Soko Linz“im Einsatz: Katharina Stemberger (r.) und Daniel Gawlowski befragen eine Verdächtig­e.
„Soko Linz“im Einsatz: Katharina Stemberger (r.) und Daniel Gawlowski befragen eine Verdächtig­e.

Newspapers in German

Newspapers from Austria