Zu Gast bei falschen Freunden
Der Gasdeal der deutschen Grünen mit dem autoritären Katar macht klar, wie schmerzvoll ein Verharren auf fossilem Brennstoff ist.
Es ist nicht lange her, da plädierte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock für eine Absage der Fußball-WM in Katar. Ihre Forderung begründete die damalige grüne Kanzlerkandidatin mit Menschenrechtsverletzungen im Emirat. Sie befand sich in guter Gesellschaft, störten sich doch Demokraten europaweit an der Hofierung des Golfdespoten. Eine wertebasierte statt interessengeleitete Außenpolitik wolle sie etablieren, versprach Baerbock.
Dass auf dem Weg Stolpersteine lauern, deutete bereits die Debatte über Waffenlieferungen an Kiew an. Nun scheitert ausgerechnet ein Parteifreund am Realitätstest dieses Anspruchs. Wirtschaftsminister Robert Habeck pilgerte zum katarischen Emir und bat öffentlichkeitswirksam um Flüssiggas. Das tat auch Kanzler Karl Nehammer für Österreich, doch bei den deutschen Grünen erzeugt das eine andere Wirkung. Ein vormals Geächteter wird zum Vehikel, um sich aus der Umklammerung eines anderen Despoten zu befreien. Habecks Besuch dient als Signal, eine Welt aus Putin-freiem Gas schaffen zu wollen. „Großartigerweise“habe Habeck eine „langfristige Energiepartnerschaft“vereinbart. Die „Unterstützung des Emirs“sei „über die Maßen stark gewesen“.
Die Verbeugung kann schmerzhafter nicht sein, die Grünen stehen wie keine andere Partei für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und das Brandmarken von Menschenrechtsverletzern. Doch die Bittstellung macht ein Dilemma deutlich. Öl und Gas lagern meist unter Füßen von Autokraten. Die Antwort, ob die Reise ein Befreiungsschlag war oder nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, lautet: Wir diversifizieren nur die Quellen der Krankheit. Wenn die USA in Venezuela statt Russland Öl beziehen, handelt es sich noch immer um Ölpest. Putins Krieg macht deutlich, wie schnell der Ausbau der Erneuerbaren gelingen muss. Denn Wirtschaften nach dem Prinzip Wandel durch Annäherung ist verletzungsanfällig. Das hat Putin ebenfalls bewiesen.