Der ewige Kreis des Wassers
Starkregen und Hochwasser machen Salzburg immer wieder zu schaffen. Ein Projekt untersucht, wie der Klimawandel unseren Umgang mit Wasser verändern wird.
Salzburg wird eher mit zu viel Wasser kämpfen
LAXENBURG. Kein Leben ohne Wasser: Anlässlich des Wassertags am Dienstag machen Menschen weltweit auf die Bedeutung des Grundschatzes aufmerksam. Was manche nicht wissen: Von dem gesamten Wasservorrat der Erde geht kein Tropfen verloren. Denn: Es ist Teil eines ewigen Kreislaufs.
Die gesamte Wassermenge auf der Erde wird auf rund 1,4 Milliarden Kubikkilometer geschätzt. Niederschlag und Verdunstung sind dabei im Gleichgewicht. Mit der Strahlungswärme der Sonne wird die Zirkulation des Wassers angetrieben: Wasser verdunstet aus den Meeren, Wasserdampf geht in Form von Regen, Schnee oder Hagel wieder auf die Erdoberfläche nieder. Letztlich fließt ein Teil des Wassers wieder in Meere und Flüsse zurück, ein anderer Teil verdunstet. Der Kreislauf beginnt von vorn.
Das Forschungsprojekt WaterStressAT hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Wasserressourcen im Pinzgau und im Burgenland genauer zu analysieren, um die zukünftigen Entwicklungen besser vorhersagen zu können. Das Projekt wird vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg, dem Umweltbundesamt, der Universität Graz und der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik umgesetzt und ist bis Ende des Jahres angelegt.
Wie in jeder anderen Region ist auch in Salzburg der Wasserkreislauf einzigartig. „Aufgrund der Höhenlage und der niedrigen Temperaturen verdunstet in den Alpen wenig“, sagt Peter Burek, hydrologischer Modellierer des IIASA. Das führt dazu, dass lediglich 20 Prozent verdunsten – also den Wasserkreislauf wieder „nach oben“verlassen. Der Großteil des Wassers, 80 Prozent, fließt ab und verlässt die Region über die Salzach und Saalach – und mündet schließlich in den Inn sowie die Donau.
Denn: Flüsse sind immer Teil eines weit verzweigten Netzwerks. Laut den Forschenden profitieren also auch andere Regionen davon, wenn an einer Stelle mehr Wasser im Fluss geführt wird. Am Beispiel Salzburg heißt das: Wenn durch Salzburger Flüsse mehr Wasser letztlich in der Donau vorhanden ist, haben auch andere Regionen, etwa Wien, Ungarn oder Rumänien, etwas davon. „Sie können das Wasser in Form von Wasserkraft oder in der Bewässerung nutzen“, sagt Modellierer Burek.
Ganz anders gestaltet sich der Wasserkreislauf etwa am Victoriasee in Ostafrika. Dort verdunsten 80 Prozent des einströmenden Wassers und nur 20 Prozent fließen weiter – also im Grunde das Gegenteil zu Salzburg. „Das liegt vor allem an den höheren Temperaturen, der flachen Landschaft und der gänzlich anderen Vegetation“, sagt Burek. Es verdunstet also so viel Wasser, dass in anderen Regionen Afrikas nur wenig ankommt.
Der Wasserkreislauf ist ein wichtiger Bestandteil des Klimasystems und reagiert sensibel auf Veränderungen. Seit dem Jahr 1900 ist die Temperatur in Österreich um zwei Grad gestiegen – deutlich mehr als im weltweiten Durchschnitt, der 0,9 Grad beträgt. Experten prognostizieren, dass dadurch noch mehr Wetterextreme auf uns zukommen werden. Also: häufiger Dürreperioden und öfter Wassermassen in Form von Hochwasser oder Starkregen.
Welche Auswirkungen wenig Wasser auf einzelne Regionen wie den Pinzgau hat, nehmen die Forschenden von WasserStressAT unter die Lupe. Dazu zählen Fragestellungen wie: Wird öfter auftretendes Niederwasser die Elektrizitätsproduktion einschränken? Wird es genug Wasser im Frühwinter geben, um Kunstschnee zu produzieren? Oder: Werden extremere Trockenperioden die Trinkwasserversorgung beeinträchtigen – und wie können sich Gemeinden darauf vorbereiten?
Dafür haben die Forschenden ein Simulationsmodell entwickelt (siehe QR-Code am Ende des Textes), mit dem sie den Wasserkreislauf nachempfinden und Szenarien durchspielen können. „Mit unseren Computermodellen können wir die Wassermengen in Salzburg genau wiedergeben und schauen, wie sich der Wasserkreislauf künftig entwickeln wird“, erklärt Peter Burek.
Ersten Modellrechnungen zufolge zeigt sich, dass Salzburg im österreichweiten Vergleich eher mit zu viel als zu wenig Wasser zu kämpfen hat. Im Schnitt wird das Wasser nicht weniger werden – aber auf Salzburg werden extremere Verhältnisse zukommen.
Ein Vergleichsmodell der Periode zwischen 1985 und 2016 und der vermutlichen Entwicklung der Jahre 2020 bis 2050 zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit von Hochwasser im Raum Salzburg steigen wird. In Zukunft könnte es also immer häufiger Perioden geben, in denen es zu viel oder zu wenig Wasser gibt. „Das Problem ist, dass das Wasser oft zur falschen Zeit am falschen Ort ist“, sagt Projektleiterin Susanne HangerKopp. Gerade für die Landwirtschaft sei es entscheidend, wann Wasser an welchem Ort zur Verfügung stehe. „In manchen Teilen Salzburgs gibt es mittlerweile Überlegungen, Grünland zu bewässern, das war bisher kaum ein Thema“, sagt HangerKopp.
Schon jetzt ist klar, dass sich Wasserkreisläufe weltweit durch den Klimawandel verändern werden. Flüsse werden entweder zu wenig Wasser führen mit negativen Auswirkungen auf Elektrizitätsproduktion, Trinkwasser und Landwirtschaft. Oder sie werden zu viel Wasser führen und damit auch Hochwasserkatastrophen auslösen. Mit Projekten wie WaterStressAT soll Bewusstsein geschaffen werden, wie sich Trockenheitsprobleme regional unterscheiden und welche Maßnahmen heute schon getroffen werden können.