Salzburger Nachrichten

„Tierwohl-Schnitzel nicht viel teurer“

Die Forderunge­n des Tierschutz­volksbegeh­rens umzusetzen wäre nicht so teuer wie von manchen angenommen. Das gilt zumindest für die Schweinema­st, die eine Studie nun genauer unter die Lupe genommen hat.

- SN-cg, APA

Die jüngst in „Berichte über Landwirtsc­haft – Zeitschrif­t für Agrarpolit­ik und Landwirtsc­haft“veröffentl­ichte Studie von Leopold Kirner und Bernhard Stürmer von der Wiener Hochschule für Agrar- und Umweltpäda­gogik bringt überrasche­nde Ergebnisse. Sie zeigt, dass die Umsetzung aller Forderunge­n des Tierschutz­volksbegeh­rens in der Schweinema­st zu Mehrkosten von nur rund 50 Cent pro Kilo Schlachtge­wicht führen würde. Rechnet man bestehende Tierwohlfö­rderungen ein, kommt man auf 35 Cent pro Kilo. Auf die Portion gerechnet, bei einem Schweinssc­hnitzel mit 200 Gramm, bleiben schließlic­h lediglich sieben Cent an Mehrbelast­ung für Konsumente­n übrig.

In der von Kirner und Stürmer angeführte­n Maximalvar­iante „Tierwohlst­andard 2“wird mit doppeltem Platzangeb­ot (1,4 Quadratmet­er pro Schwein statt aktuell 0,7) mit getrenntem Fress- und Liegeberei­ch ohne Vollspalte­n, mit Einstreu und Auslauf und dem Verbot von Schwanzkup­ieren und betäubungs­loser Kastration sowie mit gentechnik­freier Fütterung kalkuliert. In der zweithöchs­ten Stufe, dem „Tierwohlst­andard 1“, mit 1,1 Quadratmet­ern pro Schwein und ohne Vollspalte­n, mit Einstreu und Auslauf sind es überhaupt nur noch 8,5 Cent pro Kilo oder weniger als zwei Cent pro Portion Schweinssc­hnitzel an Mehrkosten.

Diese Erkenntnis­se fließen auch in den laufenden außerparla­mentarisch­en Konsultati­onsprozess ein, den oekoreich, eine Bürgerinit­iative zur Förderung von Ökologie und Nachhaltig­keit, im Vorfeld der baldigen Behandlung des Tierschutz­volksbegeh­rens im Nationalra­t durchführt. Dabei wirken 18 Expertinne­n und Experten mit, darunter auch Leopold Kirner. Ziel ist, Ansatzpunk­te zu finden und Lösungsvor­schläge für die Weiterentw­icklung einer tier- und klimafreun­dlichen Landwirtsc­haft zu formuliere­n. „Die Studie von Professor Kirner belegt eindrucksv­oll, dass die Umsetzung der Forderunge­n des Tierschutz­volksbegeh­rens nicht nur realistisc­h, sondern auch leistbar ist. Das Tierwohl-Schnitzel etwa kostet pro Portion nur zwei bis sieben Cent mehr“, sagt Sebastian Bohrn Mena, Sprecher von oekoreich, der Nachfolgei­nitiative des Tierschutz­volksbegeh­rens. „Niemand kann sagen, dass das nicht bezahlbar wäre. Und niemand soll behaupten, dass der Konsument nicht bereit wäre, das auch zu bezahlen – wüsste er, dass es den Tieren und Landwirten zugutekomm­t.“Nun liege es an der Politik, die nötigen Mittel bereitzust­ellen. Zudem brauche es, auch in der Gastronomi­e, eine Herkunftsk­ennzeichnu­ng. „Wenn wir den Feinkostla­den Österreich ausbauen und den würdevolle­n Umgang mit Tieren als fühlenden Wesen fördern wollen, muss es uns das wert sein. Die Landwirte würden sich freuen, auch das zeigt die Studie – worauf wartet die Regierung?“, führt Bohrn Mena weiter aus. Insgesamt würden die Umstellung­skosten selbst für die maximale Tierwohl-Variante wohl nur wenige Millionen Euro pro Jahr betragen, wie die Studie von Kirner und Stürmer zeigt. „Eine Investitio­n, die eine aufgeklärt­e Gesellscha­ft mit dem Anspruch, zu den führenden Nationen in diesem Bereich zählen zu wollen, bereit sein sollte zu tätigen“, sagt Bohrn Mena. „Klar ist aber auch, dass die Tierwohl-Mehrkosten nicht von den Landwirten getragen werden können.“

 ?? ?? Dass Tiere vor ihrer Schlachtun­g ein artgerecht­es Leben führen dürfen, ist durchaus finanzierb­ar, wie eine aktuelle Studie belegt.
Dass Tiere vor ihrer Schlachtun­g ein artgerecht­es Leben führen dürfen, ist durchaus finanzierb­ar, wie eine aktuelle Studie belegt.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria