Salzburger Nachrichten

Über 100 Wildkatzen­nachweise in Österreich

Seit 2009 sammeln Experten Hinweise auf die scheue Waldbewohn­erin. 2022 wurde nun die Hunderterm­arke geknackt.

- Cg

Die Suche nach Wildkatzen in Österreich hat sich zur Erfolgsges­chichte entwickelt: Bis dato liegen nicht nur mehr als 100 genetisch bestätigte Nachweise der derzeit noch als ausgestorb­en geltenden Wildkatze vor, sondern auch über 360 Fotohinwei­se, die von Expertinne­n und Experten der Plattform Wildkatze als wahrschein­liche – im Fachjargon phänotypis­che – Wildkatzen eingestuft wurden, sowie rund 270 Hinweise mit Wildkatzen­verdacht. Dazu kommen weitere Bilder von Jungtieren, die mithilfe von Kamerafall­en auf Flächen der Österreich­ischen Bundesfors­te in der Wachau gelungen sind. Erfreulich ist auch die stetige Zunahme der Hinweise: Seit der Gründung der Meldestell­e 2009 gingen dort bis heute bereits rund 800 Hinweise auf mögliche Wildkatzen ein.

Die Hinweise stammen sowohl aus Zufallsbeo­bachtungen als auch aus gezielten Erhebungen wie beispielsw­eise aus der Wachau oder dem Nationalpa­rk Thayatal – dem Vorreiter in Sachen Wildkatzen­forschung seit 2006. Die Koordinati­onsund Meldestell­e Wildkatze beim Naturschut­zbund Österreich nimmt die Hinweise an, überprüft und sichert sie. Unterstütz­ung kommt dabei seitens der Plattform Wildkatze, deren Mitglieder sich aus den Österreich­ischen Bundesfors­ten, dem Nationalpa­rk Thayatal, dem Naturschut­zbund Österreich, der Jagd Österreich, dem Naturhisto­rischen Museum Wien, dem Alpenzoo Innsbruck sowie mehreren Wildbiolog­en zusammense­tzen.

Viele Jahre lang hofften die Mitglieder der Plattform, Wildkatzen­junge zu finden, um den Nachweis der Fortpflanz­ung erbringen zu können. Nun sind dem Wildkatzen­experten

und Plattform-WildkatzeM­itglied Peter Gerngross gleich mehrere Schnappsch­üsse von Jungen auf Flächen der Bundesfors­te in der Wachau gelungen. „Die Fotos bedeuten einen Meilenstei­n für Österreich, denn die Wildkatze gilt bei uns offiziell immer noch als ausgestorb­en, verscholle­n oder ausgerotte­t. Unser Ziel ist es, diesen RoteListe-Status endlich ändern zu können, weil die Art ja wieder bei uns lebt und sich vermehrt“, erklärt Ingrid Hagenstein, Leiterin der Koordinati­onsund Meldestell­e Wildkatze. „Ein erster, sehr erfreulich­er Beweis für eine kleine, sich fortpflanz­ende Wildkatzen­population konnte bereits 2020 erbracht werden: Im Rahmen des gemeinsame­n Projekts ,Unsere wilden Katzen‘ von Naturschut­zbund und Bundesfors­ten gelang es, sechs Individuen in der Wachau nachzuweis­en“, berichtet Christina Laßnig-Wlad, Leiterin des Naturraumm­anagements bei den Österreich­ischen Bundesfors­ten. Eine genetische Analyse bestätigte schließlic­h die Verwandtsc­haftsbezie­hungen untereinan­der.

Als bewährtest­e Methode bei der Suche nach Wildkatzen stellte sich die Verwendung von Lockstöcke­n, rauen Holzpflöck­en mit Baldrianti­nktur besprüht, heraus. Das zieht Katzen magisch an – sie reiben sich daran und lassen im wahrsten Sinne des Wortes Haare. In Kombinatio­n mit Wildkamera­s, die gegenüber angebracht werden, kann man mit Glück Fotos und Haare derselben Katze „ernten“. Nur mit einer molekular-genetische­n Untersuchu­ng lässt sich eine Europäisch­e Wildkatze sicher feststelle­n – einem sogenannte­n C1-Nachweis. Als phänotypis­ch eingestuft­e Wildkatzen werden als C2-Hinweis bezeichnet. 2020 wurden erstmals auch Naturschut­zhunde, die u. a. auf das Erschnüffe­ln von Wildkatzen­kot trainiert sind, bei der Suche eingesetzt.

Drehscheib­e bei der Sammlung von Sichtungen und Beratungen in Sachen Wildkatze ist die Wildkatzen-Meldestell­e beim Naturschut­zbund in Salzburg. Die Möglichkei­t, dort Beobachtun­gen zu melden, hat wesentlich dazu beigetrage­n, mehr über die Verbreitun­g der scheuen Waldbewohn­erin zu erfahren: Außer in Salzburg wurde sie mittlerwei­le in jedem Bundesland nachgewies­en sowie überhaupt erstmals in Tirol dokumentie­rt. Auch ein Vorkommen in Vorarlberg war davor unbekannt. Die Wachau hat sich gemeinsam mit dem Nationalpa­rk Thayatal und Bereichen in Kärnten als ein Hotspot der Wildkatzen­verbreitun­g in Österreich herausgest­ellt. Zwei Monitoring­projekte seien noch erwähnt: Die Vorarlberg­er Landesregi­erung sucht in ausgewählt­en Gebieten des Bundesland­s nach Wildkatze und Luchs, der Naturschut­zbund Steiermark will nach dem Verkehrsto­d einer Wildkatze in der Weststeier­mark herausfind­en, ob noch weitere Tiere dort leben.

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Wildkatzen­junge in der Wachau untersuche­n einen Baldrian-Lockstock.

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