Deutschland streitet über die hohen Spritpreise
Der FDP-Finanzminister wollte einen Tankrabatt. Doch Grüne und SPD sind gegen das Gießkannenprinzip.
An den deutschen Zapfsäulen kostete der Liter Diesel Anfang der Woche im Schnitt 2,13 Euro, der Preis für einen Liter Super lag nur wenige Cent darunter. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine sind die Energiepreise drastisch gestiegen – das Heizen mit Öl verteuerte sich in Deutschland um 59 Prozent, das Tanken mit Diesel um 34, mit Super um 21 Prozent. Nun streitet die deutsche Ampelregierung, wie die Bürgerinnen und Bürger entlastet werden könnten.
FDP-Finanzminister Christian Lindner brachte einen Tankrabatt ins Spiel. Der Vorschlag: Der Tankpreis an der Zapfsäule bleibt zwar unverändert, aber jeder kann an der Tankstelle einen Rabatt pro Liter zurückfordern. Die Tankstellenbetreiber bezahlen den Rabatt dem Kunden aus und fordern das Geld dann vom Staat zurück. Lindner rechnet mit Kosten von 6,6 Milliarden Euro für drei Monate.
Diese Rechnung hatte der FDPPolitiker aber ohne seine Koalitionspartner Grüne und SPD gemacht. Denn Lindner wollte alle Autofahrerinnen und Autofahrer entlasten – und damit Topverdiener ebenso wie Geringverdiener.
Geht es nach SPD und Grünen, sollen nur Geringverdiener in den Genuss von Entlastungen kommen. „Wichtig ist, dass wir das Geld nicht mit der Gießkanne ausschütten, sondern diejenigen mit kleinen und mittleren Einkommen gezielt entlasten, denn die sind jetzt am stärksten betroffen“, sagte der SPDVorsitzende Lars Klingbeil. Menschen wie er könnten 2,30 Euro pro Liter Benzin ausgeben, „aber meine Nachbarin, die als Pflegekraft nach Hamburg pendelt, braucht jetzt jede Unterstützung“.
Die SPD fordert ein nach Einkommen gestaffeltes Mobilitätsgeld, das mit dem Monatsgehalt vom Arbeitgeber überwiesen wird. Dieser bekommt es über einen Steuernachlass zurück. Bei einem Bruttoeinkommen bis 2000 Euro gäbe es jeden Monat 40 bis 50 Euro, bei 3000 Euro 35 und bei Einkommen bis 4000 Euro 20 Euro, vorerst für drei
Monate. Damit könnten geringe und mittlere Einkommen indirekt auch für gestiegene Strom- und Heizkosten entlastet werden. Topverdiener würden leer ausgehen.
Am Dienstag rückte Lindner dann von seinem Vorschlag etwas ab: Die Regierungskoalition berate gerade unterschiedliche Modelle, er erwarte, dass es am Ende ein Paket mit verschiedenen Maßnahmen geben werde, „weil die Lebenslagen in unserem Land eben auch sehr unterschiedlich sind“, sagte Lindner bei einer Debatte im Deutschen Bundestag. Wichtig sei letztlich das Ziel, nicht die einzelne Maßnahme.
Noch diese Woche dürfte der Bundestag entscheiden, wie die Bürgerinnen und Bürger entlastet werden. Die Union (CDU/CSU) hält weder Tankrabatt noch Mobilitätsgeld für sinnvoll, sie möchte die Energiesteuer senken. Auf jeden Liter Sprit werden 19 Prozent Mehrwertsteuer sowie eine Energiesteuer
erhoben. Möchte der Staat das Tanken billiger machen, müsste er nach Ansicht der Union bloß die Steuern senken. „Die Energiesteuer senken und die Umsatzsteuer auf Diesel und Benzin von 19 auf sieben Prozent. Das wäre eine unbürokratische, schnelle und gute Hilfe“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz.
Eine Lösung über Steuern braucht mehr Zeit als ein Tankrabatt, doch möglicherweise könnte sich mit dem Modell auch Finanzminister Lindner anfreunden. Dass Grüne und SPD bei Entlastungen vor allem Geringverdiener im Blick haben, passt dem FDP-Chef nicht. Die Koalition habe diese bereits berücksichtigt, etwa durch höheren Mindestlohn. „Aber die breite Mitte der Bevölkerung, die enorm viel abgibt von ihrer Leistungsfähigkeit, die darf nicht immer nur zahlen. Sie müssen auch einmal erleben, dass sie mit ihren Bedürfnissen erkannt werden“, sagte Lindner.