„Musik ist eben mehr als die Summe der gespielten Töne“
Hitzige Energien und neue Leuchtkraft: Mit dem Album „Heat“reist das Septett Shake Stew zum Jazzfestival Burghausen.
SALZBURG. Dass die Band Funken schlagen kann, war schon bei ihrem allerersten Auftritt zu hören. Vom Jazzfestival Saalfelden hatte Lukas Kranzelbinder 2016 den Auftrag für das Eröffnungskonzert erhalten. Dass sich die Wunschformation, die er für den Anlass zusammenstellte, zu einem Dauerbrenner entwickeln würde, wusste aber auch der Gründer damals noch nicht. „Ich habe natürlich gehofft, dass Saalfelden ein Startpunkt sein könnte. Aber in einer frühen Beschreibung des Projekts habe ich noch ein oder zwei Jahre dafür anvisiert“, erzählt Lukas Kranzelbinder. Damit lag er daneben: Fünf Jahre nach dem Debüt legt der österreichische Bassist mit seinem Septett Shake Stew nun bereits das fünfte Album „Heat“vor.
Unterwegs sind Kranzelbinder und seine Formation damit diese Woche auch zum Jazzfestival Burghausen, das nach zwei coronabedingt entfallenen Jahrgängen diese Woche wieder stattfinden kann.
Dass die vergangenen Jahre für die ganze Jazzszene von erzwungenen Unterbrechungen geprägt waren, ist auf dem Album nicht zu hören. Auch auf „Heat“weist das Spiel des Septetts, das von zwei Schlagzeugen, zwei Kontrabässen und drei Bläsern befeuert wird, wieder intensive Brennwerte auf. Trotzdem sei es nach dem langen Höhenflug und der folgenden Coronazäsur nicht mehr selbstverständlich gewesen, dass sich die Bandchemie und -magie wieder einstellen würde, sagt Kranzelbinder. „Es hat etwas gebraucht, um diesen Zustand wieder zu erreichen.“Die Idee, im Pandemiefrühling 2021 ein Tonstudio in der Toskana zu mieten, erwies sich als musikalisch sehr fruchtbar – und in puncto Organisation als sehr sportlich. Die Aufnahmen in einem Haus in den Weinbergen von Arezzo „mussten wir in 120 Stunden schaffen, um nicht unter die Quarantänepflicht zu fallen“, erzählt der Bandleader. „Aber wenn eine Gruppe an so einem Ort zusammenfindet, passiert etwas mit der Musik.“
Starken Anteil daran habe auch Saxofonistin Astrid Wiesinger, die vor den Sessions als neue Bandkollegin zu Lukas Kranzelbinder, Mario Rom, Johannes Schleiermacher, Nikolaus Dolp, Herbert Pirker und Oliver Potratz stieß „und enorm viel Energie eingebracht hat“.
Nicht immer steht auf dem neuen Album aber die hitzige Sogkraft im Mittelpunkt, die Shake Stew bei Konzerten gern erzeugen. „Wir haben sogar erstmals auch ein Stück ohne Schlagzeug aufgenommen.“Der Albumtitel sei für ihn vielmehr
„ein guter Begriff für einen Zustand, den ich eigentlich schwer umschreiben kann, vielleicht auch für eine Überwältigung, die ich in der Musik immer suche“.
Zeitgleich mit dem Erfolg der österreichischen Formation, die 2021 den Deutschen Jazzpreis gewonnen hat, wird aber auch international eine Entwicklung deutlich: Jazz besinnt sich immer öfter auf seine emotionale Leuchtkraft. „Spiritual Jazz“ist wieder zum großen Schlagwort geworden. Zwar sei das Hantieren mit Begriffen auch im Jazz schwierig, sagt Kranzelbinder, „aber ich glaube schon, dass es wieder ein stärkeres Bewusstsein gibt, dass Musik eben immer mehr ist, als die Summe der gespielten Töne“.
Konzerte: Shake Stew, Mittwoch, Wien, Porgy & Bess; 25. 3. Innsbruck, Treibhaus; 27. 3., Burghausen.
Festival: Die Jazzwoche Burghausen wird am Mittwoch von Joy Denalane eröffnet. www. b-jazz.com