Menschen im Raum ohne Aussicht
Kurt Palm inszeniert in Linz sein Stück „This is the End, my Friend“.
LINZ. Zwischendurch wird getanzt. Lichter wirbeln. Leiber rasen. Die Bühne im Theater Phönix in Linz wird Disco. Es donnert „Paranoid“von Black Sabbath. Paranoid. Passt gut. Hier ist alles ein bisschen voller Angst, ein bisschen voller Horror, in einer Show am Abgrund. Nicht unbedingt am Ende der Menschheit, aber des Menschseins. Es wäre freilich keine Inszenierung von Kurt Palm, schaute bei solcher Schwere nicht böser Witz um die Ecke.
„This is the End, my Friend“heißt das Stück von Palm. In einem Raum, den Michaela Mandel als Disco, Lazarett, Kellerverlies und Boxring gleichermaßen gestaltet und den Armin Lehner live beschallt – tauchen acht Personen auf. Kein Ausweg existiert. Ob sie zusammengehören? Was sie gegeneinander haben? Nichts. Alle sind sie Würmchen im Wirbel des Daseins. Ein Partygirl ebenso wie die Glitzer-Schickse, der King-KongNachäffer und der sterbende König, der Mörder-Metzger und der Esoterik-Alleswisser. Und alle wanken durch eine Welt, in der sie – wenn schon nicht unheilvoll verloren, dann zumindest heillos überfordert sind. Selbstverwirklichung und Klimaschutz? Party und Protest? Wie soll das alles zusammengehen? Bei Palm, der tief in einen absurden Kosmos eintaucht, geht das, weil klar wird: Vor allem begegnen wir im Lauf der verlorenen Lebenszeit immer öfter dem Problem, wie man sich richtig erinnern kann. Womöglich ist es tatsächlich nur die Erinnerung jedes und jeder Einzelnen und vor allem die trügerische Erinnerung an das, was und wie etwas im Leben einmal war. Die Geschichten
der Einzelnen prallen als groteske Satzfetzen gegeneinander. Ein Sammelsurium des Irrsinns beim letzten Tanz, der sich – gerade was die Erinnerungen betrifft – in immer wilderen Schleifen um sich selber dreht. Wie zum Hohn wird immer wieder „Danke für diesen guten Morgen“angestimmt. Das Gute? Fehlanzeige. Recht früh im Stück wird auch der Song „What A Wonderful World“angestimmt. Schönes Lied. Stimmt bloß nicht.
Es donnern nämlich gegen Ende in einem Video Hubschrauber. Hört sich an wie aus dem Film „Apocalypse Now“, in dem zu dem Doors-Song, der auch Palms Stück den Titel gibt, Bomben geworfen werden. Kein Ausweg. Kein Entrinnen aus dem Weltbrand. Immerhin gibt es bei Palm dazwischen so viel zu lachen, dass einem das Bitterböse, das tragische Endgültige, das grotesk Unheimliche, die Angst vor diesem End-Raum nicht komplett die Kehle zuschnürt.
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