Ukrainerin trainiert im Lungau für EM-Traum
Auf der Flucht vor dem Krieg ist Inna Loseva mit ihrer Tochter in Österreich gelandet. Mit Salzburger Hilfe peilt sie eine Medaille an.
ST. MARGARETHEN. Bei der Leichtathletik-Europameisterschaft 2018 in Berlin belegte Inna Loseva Platz sieben im 20-Kilometer-Bewerb der Geherinnen. „Es war großartig, vor allem wegen der vielen Menschen, die uns angefeuert haben“, erinnert sich die Ukrainerin. Kurz nach der EM heiratete sie Ivan, der im Männerbewerb Zwölfter geworden war.
Im heurigen August will Inna in München noch einmal die EM-Euphorie spüren. Der Weg von Berlin nach München führt für sie über St. Margarethen im Lungau. Dort ist die 30-jährige Sportlerin mit ihrer 19 Monate alten Tochter auf der Flucht vor dem Krieg in ihrer Heimat gelandet. „Im Moment sind all meine Gedanken in der Ukraine“, sagt sie. „Bei meinem Mann, meiner Mutter und meinen zwei Brüdern.“Ivan muss zwar nicht an die Front, doch als Gemeindebediensteter in der Nähe von Kiew befindet er sich mitten in Kriegsgebiet. Inna sagt: „Wenn wir telefonieren, erinnert er mich daran, nicht aufs Training zu vergessen.“
Die aus der Ukraine stammende Hochsprungtrainerin Inga Babakowa (sie betreut u. a. Siebenkämpferin Ivona Dadic) knüpfte für ihre Landsfrau die ersten Kontakte. Dank spontaner Hilfe der Salzburger Leichtathletikfamilie ist Inna Loseva, die 2017 Gold bei der Universiade holte, fast schon perfekt versorgt: Beim Verbandstag des SLV in der Vorwoche ging auf Initiative des wiedergewählten Landesverbandspräsidenten Ferdinand Gugenberger eine gelb-blaue Spendenbox reihum und wurde mit mehr als 2000 Euro gefüllt. Dazu kamen Sportkleidung und -ausrüstung sowie ein 400-Euro-Gutschein für ein Salzburger Sportartikelgeschäft. Johannes Langer, Trainer von Olympiastarter Peter Herzog und Veranstalter des Salzburg Marathons, lieferte ein großes Paket im Lungau ab.
„Ich bin sprachlos“, sagt Inna Loseva. „Vielen Dank an alle. Das ist eine große Motivation für mich, bald mit dem Trainieren anzufangen.“Derzeit muss sie sich mit kleineren Runden in St. Margarethen begnügen. Was ihr noch fehlt, sind spezielle GeherWettkampfschuhe und ein Trainer. Gehen bzw. Race-Walking wird in Österreich nur von einer Handvoll Athleten betrieben.
In St. Margarethen kümmert sich Pfarrassistent Christian Schober um Inna und deren mit ihr geflüchteten Verwandten, darunter ihre Schwägerin samt Kindern. Nächste Woche kann sie einen Halbtagsjob bei Samson Druck antreten. „Am Vormittag arbeiten, am Nachmittag trainieren, das wäre mein Plan“, sagt die Sportlerin. Später möchte sie an ihre frühere Tätigkeit anknüpfen. Die studierte Sportpädagogin war bereits als Lehrerin und Trainerin aktiv. Zuvor aber stehen zwei große Wünsche: „Dass mein Mann so bald wie möglich zu uns nachkommen kann. Und dass ich in München eine Medaille gewinne.“