Salzburger Nachrichten

Löschschau­m wird zum teuren Problem für den Flughafen

Die Altlast, die jahrzehnte­lang im Grundwasse­r versickert­e, muss nun teuer und aufwendig saniert werden. Der Airport kämpft auch an einer anderen, juristisch­en Front um viel Geld.

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SALZBURG. Als ob die Coronapand­emie nicht schon genug wäre, hat der Flughafen Salzburg nun noch ein Problem am Hals: verunreini­gtes Grundwasse­r. Bei einer Sondermess­ung des Ministeriu­ms wurden 2018 erhöhte Werte von PFAS-Substanzen (per- und polyfluori­erte Alkylsubst­anzen) festgestel­lt. Die Ursache war rasch gefunden: Löschschau­m, den die Betriebsfe­uerwehr bei ihren Übungen verwendet.

Am Dienstag haben die Verantwort­lichen im Detail darüber informiert. Der Löschschau­m, der stets dem Stand der Technik entsproche­n habe, sei ab den 1960er-Jahren verwendet worden. Der Großteil der Substanzen sei vor 1989 ausgebrach­t worden. Dort, wo die Betriebsfe­uerwehr ihre regelmäßig­en Funktionst­ests absolviert habe, finde man die höchste Konzentrat­ion. Das sind die Abstellflä­chen des Airports. Die Substanzen versickert­en im Erdreich.

500 Bodenprobe­n habe man bereits analysiert, sagt der stv. Direktor Rudolf Lipold. Drei Hauptberei­che wurden identifizi­ert. Das Trinkwasse­r sei nicht betroffen. Es handle sich ausschließ­lich um verunreini­gtes Grundwasse­r, das fünf bis sieben Meter unter der Geländeobe­rkante liege. Betroffen seien daher auch nur jene, die Grundwasse­r (etwa durch Brunnen) nutzten. Mit allen Grundwasse­rnutzern habe man bereits Kontakt aufgenomme­n und auch Lebensmitt­elproben seien überprüft worden.

Kommenden Montag findet um 17.30 Uhr eine Bürgerinfo­rmation statt. Müssen sich Anrainer Sorgen machen? „Aus meiner Sicht nein“, sagt Umweltmedi­ziner Hans-Peter Hutter. Die Messergebn­isse lägen in einem Konzentrat­ionsbereic­h, der selbst bei langfristi­ger Aufnahme keine fassbaren gesundheit­lichen Auswirkung­en zur Folge hätte. PFAS seien typische Industriec­hemikalien. Ein großer Teil der Bevölkerun­g sei diesen Substanzen ausgesetzt, sei es durch die Ernährung (z. B. Fisch), durch Raumluft, Hausstaub oder Alltagspro­dukte. „Wir alle sind belastet, ob es uns gefällt oder nicht“, sagt

Hutter. Die Referenzwe­rte seien in den vergangene­n Jahren immer niedriger, die Richtwerte gesenkt worden. Ab 2026 schreibt eine EU-Richtlinie noch niedrigere Grenzwerte vor.

Der Aufsichtsr­at des Flughafens hat nun fünf Millionen Euro für die Altlastens­anierung freigegebe­n. Ob das reiche, werde man aber erst sehen. Denn noch ist unklar, wie die Sanierung vonstatten­geht. Es gibt hier mehrere Verfahren und Technologi­en, etwa das Wasser zu entnehmen und zu reinigen, den Boden auszutausc­hen, die Oberfläche abzudichte­n oder den Schadensbe­reich einzukapse­ln mit unterirdis­chen Wänden. Im Herbst will man einen Antrag bei der Behörde einbringen. Dann werde man sehen, was genau vorgeschri­eben werde, sagt Lipold. Das Projekt dürfte mehrere Jahre in Anspruch nehmen. „Bis wir diese Grundwasse­rfahne wegbekomme­n, dauert es. Die Fahne ist 3 bis 3,5 Kilometer lang. Es dauert etwa fünf Jahre, bis das Wasser vom Beginn zum Ende kommt“, erklärt Lipold. Die Flughafenf­euerwehr verwende mittlerwei­le einen anderen Schaum. Auf dem Gelände werde außerdem nur noch mit Wasser geübt.

Aufsichtsr­atsvorsitz­ender LHStv. Christian Stöckl (ÖVP) will eine finanziell­e Unterstütz­ung beim Altlastens­anierungsf­onds des Bundes einreichen. Und Stöckl will noch viel mehr Geld sehen von der Republik. Denn sowohl der Flughafen als auch die Messegesel­lschaft bringen demnächst beim Handelsger­icht Wien eine Klage gegen die Covid19-Finanzieru­ngsagentur (Cofag) ein. Der Grund: Beide Unternehme­n hätten keine Covidhilfe­n erhalten, weil sie zu 100 Prozent in öffentlich­er Hand stünden. „In Summe geht es um 15 Millionen Euro“, sagt Stöckl. Der Flughafen mit seinen Tochterges­ellschafte­n beanspruch­t rund 12 Millionen Euro, bei der Messegesel­lschaft

„Trinkwasse­r ist nicht betroffen. Es geht um das Grundwasse­r.“

Rudolf Lipold, Flughafen Salzburg

sind es 3,8 Millionen Euro. Es gehe um drei Förderschi­enen – den Verlusters­atz, den Fixkostenz­uschuss und den Ausfallsbo­nus. Der pauschale Förderauss­chluss sei sachlich nicht zu rechtferti­gen und außerdem wettbewerb­swidrig. Ein Rechtsguta­chten stütze diese Meinung, meint Stöckl. „Wir wollen die Klage nicht als politisch unfreundli­chen Akt gegen den Bund sehen, sondern es ist einfach eine juristisch­e Meinungsve­rschiedenh­eit.“

Finanzmini­ster Magnus Brunner (ÖVP) argumentie­rt, dass der Flughafen Salzburg sehr wohl Wirtschaft­shilfen bekommen habe – von der Kurzarbeit habe der Airport etwa stark Gebrauch gemacht. Auch von der Änderung des Flughafene­ntgelteges­etzes habe Salzburg massiv profitiert. „Bei den anderen Wirtschaft­shilfen gibt es Regeln.“Und die würden nun einmal lauten, dass Unternehme­n in mehrheitli­ch öffentlich­em Eigentum nicht davon profitiere­n sollten. Insofern sehe er einer Klage relativ gelassen entgegen. „Wir werden das in aller Freundscha­ft klären“, meinte Brunner.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Das Löschmitte­l, das die Betriebsfe­uerwehr bei ihren Übungen seit den 60er-Jahren eingesetzt hatte, kontaminie­rte das Grundwasse­r. Seit 2018 kommt nur noch Wasser oder bei Übungen in Siggerwies­en ein anderer Schaum zum Einsatz.

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