Raubprozess wurde schon wieder vertagt
Überfälle auf Geldtransporter: Der Entführer von Jan Philipp Reemtsma kam am Mittwoch mit dem Hubschrauber zum Gericht.
Nach einer mehrwöchigen Unterbrechung ist am Mittwoch vor dem Kölner Landgericht der Prozess gegen den Reemtsma-Entführer Thomas Drach (61) fortgesetzt worden – allerdings nur kurz. Ein als Komplize Mitangeklagter litt am Morgen unter schweren Schulterschmerzen. Sein Verteidiger sagte, sein Mandant sei nicht verhandlungsfähig. In den zurückliegenden Wochen waren bereits sechs Verhandlungstage wegen Coronaerkrankungen von „notwendigen Verfahrensbeteiligten“ausgefallen.
Im Anschluss an eine rund 45minütige Beratung des Gerichts wurde der Prozess zunächst auf Freitag vertagt. Der 53-Jährige soll am Donnerstag im Gefängnis geröntgt werden. Je nach Befund soll entschieden werden, ob der Niederländer, wie von seinen Verteidigern gefordert, auch noch einer Computertomografie unterzogen wird.
Die Staatsanwaltschaft wirft Drach Überfälle auf vier Geldtransporter in Köln, Frankfurt am Main und Limburg in den Jahren 2018 und 2019 vor. Bei zwei Taten soll er auf Wachmänner geschossen und sie schwer verletzt haben. Zudem wird Drach auch versuchter Mord zur Last gelegt. Der Niederländer soll sein Komplize gewesen sein. Beide Angeklagten schwiegen bisher zu den Vorwürfen. Sie sollen rund 230.000 Euro erbeutet haben.
Der Verhandlungsbeginn am Mittwoch hatte sich bereits um eine halbe Stunde verzögert, weil die
Verteidiger bemängelten, zu wenig Platz zu haben. Ein DrachVerteidiger sagte: „Im Tierheim ist mehr Platz.“Nachdem mit weiteren Tischen Abhilfe geschaffen worden war, konnte der Prozess mit knapp einstündiger Verspätung beginnen. Zuvor war Drach Mittwochfrüh erstmals seit Prozessbeginn im Februar mit einem Hubschrauber vom Gefängnis in Köln-Ossendorf zum Landgericht geflogen worden. Die Sicherheitsvorkehrungen für den Prozess sind hoch. Der Angeklagte findet sie übertrieben, ja „lächerlich“. So müsse er mehrfach seine Schuhe ausziehen. „Als wenn ich die da mit den Gummilatschen bewerfe“, sagte er in einer früheren Verhandlung. „Wissen Sie, wie das ist? Wie so eine Komödie von Louis de Funès. Die Hosenscheißer-Brigade.“
Drach hatte im Jahr 1996 den Erben des Hamburger Tabakkonzerns Reemtsma, Jan Philipp Reemtsma, entführt. Nach 33 Tagen ließ er sein Opfer frei – gegen ein Lösegeld von 15 Millionen DMark und 12,5 Millionen Schweizer Franken. Für die Tat verurteilte das Hamburger Landgericht ihn zu 14,5 Jahren Gefängnis. Nach seiner Entlassung 2013 setzte Drach sich ins Ausland ab.
Videoaufnahmen eines Zeugen bei einem Überfall am Flughafen Köln/Bonn brachten die Ermittler schließlich auf die entscheidende Spur, die zu Drach nach Amsterdam führte. 2021 wurde er wegen des Verdachts der nun angeklagten Überfälle in den Niederlanden festgenommen und von dort nach Deutschland ausgeliefert.