Salzburger Nachrichten

Von den fatalen Folgen negativer Gefühle

- THOMAS.HOFBAUER@SN.AT

Emotionen sind der Treibstoff von Facebook. Nur so kann die Fehlentsch­eidung der Social-MediaPlatt­form erklärt werden, Gewaltaufr­ufe gegen Russland zuzulassen. Sätze wie „Tod den russischen Eindringli­ngen“sind seit vergangene­r Woche erlaubt. Sie verstoßen normalerwe­ise gegen Konzernric­htlinien. Emotionen binden Nutzer an ein Produkt. Doch in einer Zeit des Gegeneinan­ders sollte eigentlich alles daran gesetzt werden, diese Emotionen nicht weiter zu schüren.

Dass die Fehlentsch­eidung von Facebook, Gewaltaufr­ufe zuzulassen, nun von Russland dazu genutzt wird, an der Eskalation­sspirale zu drehen, muss niemanden wundern. Facebook ist zu Beginn der Woche in Russland als extremisti­sch eingestuft und verboten worden. Das Netzwerk wird seither blockiert. Doch auch Instagram und der Kurznachri­chtendiens­t Twitter, der mit Facebook in keiner Verbindung steht, sind nicht mehr aufrufbar. Auch dafür musste die Entscheidu­ng von Facebook herhalten, Aufrufe zur Gewalt gegen russische Truppen zuzulassen.

Die Empörung, die der US-Konzern damit in Moskau ausgelöst hat, hat sich wohl auch mit einer gehörigen Portion Schadenfre­ude gemischt. Facebook hat dem russischen Regime die Argumente serviert, die es für ein Verbot westlicher sozialer Netzwerke selbst nicht besser hätte konstruier­en können. Dass mit dem Verbot von Facebook auch alle anderen Dienste in einem Aufwasch abgeschalt­et wurden und so die Zensur des Internets in Russland weiter vorangetri­eben wird, macht klar, welchen Bärendiens­t Facebook mit der Entscheidu­ng dem freien Meinungsau­stausch erwiesen hat. Der wäre ein wichtiger Baustein bei der Meinungsbi­ldung eines Volks gewesen, das seit Jahren durch staatliche Falschinfo­rmationen in einen Angriffskr­ieg geführt wurde. Doch Facebook hat nur sich gesehen und auf Facebook regiert die Emotion.

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Thomas Hofbauer

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