Viele freie Stellen: Flüchtlinge als Hoffnung für den Arbeitsmarkt
Unternehmen fragen bereits um ukrainische Arbeitskräfte an. Ein Knackpunkt ist die Kinderbetreuung. Die zuständige Landesrätin hat eine Verordnung auf den Weg gebracht, die neue Stellen bringen soll.
SALZBURG. Petra Nocker-Schwarzenbacher hat in St. Johann auf eigene Faust 14 Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. Sie werde ihre Ferienwohnungen, wenn es sein müsse, auch zwei Jahre lang zur Verfügung stellen, sagt die Hotelierin.
Es gehe ihr darum, schnell und unbürokratisch zu helfen. Was Privatinitiativen gelinge, funktioniere auf den offiziellen Wegen nur unzureichend. Das betreffe die Unterbringung, aber auch den Zugang zum Arbeitsmarkt. „Mehrere meiner Frauen sind extrem arbeitswillig.“Sie habe bereits sechs Arbeitsstellen aufgetan, sagt Nocker-Schwarzenbacher.
Zwei bei einem Großmarkt, zwei in einem Hotel, zwei im eigenen Betrieb.
Die für eine Arbeitserlaubnis nötige „Blaue Karte“hätten die Frauen allerdings noch nicht bekommen, auf Nachfrage sei ihnen gesagt worden, dass noch ein bis zwei Monate vergehen könnten. Für Nocker-Schwarzenbacher ist diese Verzögerung unverständlich. Es gelte, rasch zu helfen, das sei auch möglich, wenn man die Bürokratie außen vor lasse. Es gehe ihr sicher nicht darum, Leute als Arbeitskräfte für ihren eigenen Betrieb einzuspannen, sie wolle den Flüchtlingen Gelegenheit bieten, sich konstruktiv einzubringen und sich ihr eigenes Geld zu verdienen. „Hier kommen Leute mit viel Potenzial ins Land, es ist für beide Seiten gut, wenn wir das nutzen.“
Das Innenministerium ließ auf Nachfrage wissen, dass bereits an einer unbürokratischen Lösung, um auch vor Erhalt der Blauen Karte arbeiten zu können, gearbeitet werde.
Der Pongauer-AMS-Geschäftsführer Thomas Burgstaller hat bereits mehrere Anfragen nach ukrainischen Arbeitskräften bekommen. Diese stammen nicht nur aus der Tourismusbranche. „Gerade die IT- und Technikbetriebe haben großes Interesse. Wir rechnen damit, dass gut ausgebildete Leute kommen.“Wie sehr der heimische Arbeitsmarkt profitieren könnte, will Burgstaller nicht prognostizieren. „Es ist zu früh. Wir wissen noch nicht, von wie vielen Personen wir sprechen, wie lange der Konflikt in der Ukraine dauern wird, ob sie überhaupt hier bleiben wollen.“Man müsse schauen, wer sofort arbeiten könne, wer vielleicht traumatisiert sei. „Ein absoluter Knackpunkt ist die Kinderbetreuung. Es handelt sich vor allem um Frauen mit Kindern.“
Hotelier Sepp Schellhorn beherbergt in Goldegg zwölf Personen aus der Ukraine, rund 100 hat er an andere Nächtigungsbetriebe in Österreich vermittelt. Im kleinen Rahmen funktioniere die Organisation, der DeutschKurs laufe, ein Kind gehe bereits in Goldegg in die Schule. Was Privatinitiativen schafften, daran scheitere die Regierung, sagt Schellhorn. „Sie haben aus 2015 nichts gelernt.“Mehrere Hilfsorganisationen würden sich auf der Suche nach Unterkünften bereits an ihn wenden anstatt an die offiziellen Stellen. Am Mittwoch fährt Schellhorn nach Wien, um mit Vertretern des Innenministeriums und des AMS zu sprechen. Auch das Thema Kinderbetreuung gehöre schnell geregelt.
Die zuständige Landesrätin Andrea Klambauer (Neos) betont, es werde intensiv an einer Lösung gearbeitet. Eine Verordnung sei auf den Weg gebracht
und solle in der kommenden Woche beschlossen werden. Diese werde unter gewissen Umständen eine Überschreitung der Gruppengrößen ermöglichen sowie den Einsatz von ukrainischen Pädagoginnen und Zusatzkräften, auch mit geringen Deutschkenntnissen. „Das letzte Kindergartenjahr kann dann auch in Nachmittagsgruppen erfüllt werden. Dadurch können rasch Plätze geschaffen werden, da Nachmittagsgruppen üblicherweise kleiner sind. “Auch die Aufnahme jüngerer Kinder in Vormittagsgruppen werde möglich, sofern Plätze vorhanden seien und Eltern ins Berufsleben einstiegen. Darüber hinaus sollen „Spielgruppen“, vergleichbar mit der Ferienbetreuung, sowie „ElternKind-Gruppen“in den Gemeinden ermöglicht werden. Klambauer sagt, sie habe das in Abstimmung mit dem Gemeindeverband
erarbeitet. Die dafür erforderlichen Budgetmittel von 500.000 Euro müssen noch durch die Landesregierung beschlossen werden. Wie viele Betreuungsplätze durch die Verordnung entstünden, lasse sich nicht konkret abschätzen, das Potenzial liege bei Hunderten Plätzen.
Der Salzburger Gemeinderat habe am Mittwoch eine Subvention bewilligt, um über einen Verein ukrainische Mütter für die Betreuung von Spielgruppen geringfügig anzustellen, sagt Vizebürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ). In den städtischen Kindergärten könnten aufgrund der Personalnot nur Flüchtlingskinder ab fünf Jahren aufgenommen werden, deren Eltern berufstätig seien. Von 380 Stellen für Kindergartenpädagoginnen sind derzeit laut Auinger 30 unbesetzt, 70 Pädagoginnen sind wegen Corona im Krankenstand.