Aus den Augen, aus dem Sinn
Bei der Beurteilung der Folgen unseres Lebensstils verhalten wir uns wie Kinder.
Kinder haben eine Strategie, mit unangenehmen Dingen umzugehen. Sie ziehen sich einfach die Decke über den Kopf oder schließen die Augen.
Wir Erwachsene wissen, dass sich die Welt nicht ändert, nur weil man die Realität gerade nicht sieht, trotzdem verhalten wir uns oft genauso. Wir wissen, dass das Leben, das wir führen, sehr viele negative Auswirkungen auf die Umwelt hat, da wir diese aber meist auslagern und nicht ständig vor Augen haben, fällt es uns leicht, sie zu verdrängen.
Nur ein Beispiel von unzähligen: Wenn die Fabriken, in denen jene Textilien produziert werden, die wir zu Billigstpreisen kaufen und dann nach kurzer Zeit wieder auf den Müll werfen, bei uns um die Ecke stünden, wenn wir die ausgebeuteten, oft minderjährigen Arbeitskräfte täglich anschauen müssten, wenn man die Chemiebrühe nach der Produktion in unsere Flüsse ableitete und wenn schlussendlich auch der Müll am Ende der Kette nicht elegant exportiert werden könnte, sondern bei uns entsorgt werden müsste, dann hätten wir diesbezüglich garantiert eine völlig andere Einstellung. Beim Thema Energie verhalten wir uns ähnlich.
Wir wissen genau, welche Schäden die fossilen Brennstoffe anrichten, welche grausigen Regimes von Arabien bis Russland wir mit Öl und Gas finanzieren und in welch fatale Abhängigkeit wir uns damit begeben. Wir wissen auch genau, dass wir im Winter immer mehr Atom- und Kohlestrom importieren, da uns das aber alles nicht direkt ins Auge sticht, können wir es verdrängen. Windräder wären aber ein sichtbares Zeichen unseres Lebensstils mitten in unserem oberflächlichen Idyll, deshalb ziehen wir reflexartig ablehnend die Decke über den Kopf. Sollten wir nicht langsam erwachsen werden?