Arbeiterkammer will Grünland in Stadt für Wohnbau opfern
Eine Wifo-Studie kritisiert den Mangel an verfügbarem Bauland. In Salzburg-Stadt gibt es kaum Flächen, die nicht geschützt sind. Daher solle die Politik eine „unangenehme Diskussion“starten.
Für die Erkenntnis, dass Salzburg am Wohnungsmarkt eines der teuersten Pflaster ist, hätte es keine weitere Studie gebraucht. Die Arbeiterkammer hat dennoch vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) nach den Ursachen suchen lassen. Studienautor Michael Klien benennt „preistreibende Strukturen“: So sei in Salzburg die Wohnbauleistung im geförderten Bereich „besonders schwach“, es gebe einen verhältnismäßig hohen Anteil an befristeten Mietverträgen. Hinzu komme, dass Salzburg zwar den geringsten Flächenverbrauch habe, aber auch nur wenig Bauland zur Verfügung sei, was die Preise treibe.
Erstaunlich ist für Klien auch, dass mehr am Land als in den urbanen Zentren gebaut werde. „Salzburg ist das einzige Bundesland, wo das Wohnungswachstum im ländlichen Raum höher ist als in den Kernzonen.“Das sei sowohl ökologisch als auch ökonomisch zweifelhaft. „Es ist weitgehend eine politische Entscheidung, wie viel Bauland zur Verfügung gestellt wird. Die Grünlanddeklaration in der Stadt Salzburg ist wirklich ein sehr illustratives Beispiel dafür.“
Dessen ist man sich auch bei der AK bewusst. „Im Stadtgebiet ist mehr oder weniger kein Fleckerl mehr frei, das nicht von der Grünlanddeklaration erfasst ist. Das Problem ist, dass wir bis 2040 in der Stadt Salzburg geschätzt 8000 neue Wohnungen benötigen“, sagt AK-Raumordnungsexperte Edgar Atzmanstorfer. Es gebe keine Reserven mehr für den Wohnbau. Auch mit dem Nachverdichtungspotenzial werde man diesem Bedarf nicht gerecht. Dabei gebe es landwirtschaftlich genutzte Flächen, über die man sprechen sollte. Bevor die Bevölkerung aus der Stadt hinausgedrängt, dort wertvolles Grünland in noch größerem Ausmaß verbraucht werde und gleichzeitig der Pendlerverkehr mehr werde, wäre es aus AK-Sicht „notwendig, dass man vielleicht ein bisschen über den Schatten springt und die politisch sicher unangenehme Diskussion angeht, um die eine oder andere Fläche aus diesem großen Topf der Grünlanddeklaration für den förderbaren Wohnbau zu mobilisieren“.
In der Stadtpolitik wird sich dafür keine Mehrheit finden. „Das kommt nicht infrage. Das heilige Grünland wird nicht angegriffen. Weil da öffnet man die Büchse der Pandora“, sagt Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP). Er sieht etwa noch Potenzial bei
Sanierungen von städtischen Wohnungen. Außerdem gebe es „in dem Sinn keine Wohnungsnot“. Viele Menschen würden hingegen zum gleichen Preis in größere Wohnungen ziehen wollen, meint Preuner.
Sein Vize Bernhard Auinger (SPÖ) will das städtische Grünland ebenfalls nicht antasten. Der Anteil des geförderten Mietwohnbaus sei viel zu gering. Deshalb seien die privaten Mieten in Salzburg so hoch „Die Strategie der jetzigen Verantwortlichen geht klar Richtung Eigentum“, sagt Auinger unter Verweis auf das Projekt am Dossenweg. Bei den angedachten 500 Wohnungen auf den Stiegl-Gründen wolle er „genau drauf schauen, was am Ende des Tages gebaut wird“.
Auch für die Bürgerliste steht die Deklaration nicht zur Diskussion. Zuerst sei das verfügbare Potenzial auszuschöpfen, etwa beim Leerstand, Nachverdichtungen und bei Mischnutzungen von Gewerbeflächen, meint Klubvorsitzende Ingeborg Haller.
AK-Präsident Peter Eder meint, es dürfe „keine Tabus in der politischen Diskussion“geben. Er fordert von der Landesregierung eine Verbesserung des Angebots im gesamten Bundesland. Dazu benötige es etwa 1000 neue geförderte Mietwohnungen jährlich (2021: 666; 2020: 358, Anm.), eine umfassende Zweckwidmung der Wohnbauförderungsmittel und mehr aktive Bodenpolitik durch die Land-Invest, eine wirksame Leerstandsabgabe. Eder fordert auch günstigere Baulandsicherungsmodelle. „Die sollen nicht bei 400 Euro pro Quadratmeter beginnen, die müssen viel tiefer liegen.“Vom Bund erwarte er sich das Aus für befristete Mietverträge sowie Mietobergrenzen für ausfinanzierte ältere Wohnungen.