Salzburger Nachrichten

Wenn die Käserei anrollt

Ein Krankensta­nd bewog Wolfgang Dankl, sich mit einer mobilen Käserei selbststän­dig zu machen. Auf den Bauernhöfe­n seiner Kunden stellt er in einem Anhänger Schnitt- und Hartkäse her.

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Topfen, Joghurt, gefüllter Kirschpapr­ika sowie Wurst und Geselchtes aus dem Fleisch der eigenen Schweine – das gibt es beim Derndlbaue­rn in Nußdorf am Haunsberg. Verena und Alexander Eder stellen diese Produkte selbst her. In ihrem kleinen Selbstbedi­enungslade­n verkaufen sie auch Tilsiter und Hartkäse. Der ist zwar aus der Milch ihrer Kühe, doch ihn selbst machen, das wollen die Bauersleut­e nicht. „Die Ausrüstung, die man dafür braucht, ist zu kosteninte­nsiv“, erklärt Alexander Eder. Und dennoch wird auf dem Hof gekäst. Diese Arbeit übernimmt Wolfgang Dankl. Einige Male im Jahr macht er sich mit seiner mobilen Käserei, dem Pinzga Kas Mobil, auf den Weg von Piesendorf nach Nußdorf.

Dankls Käserei ist auf einem rund acht Quadratmet­er großen Anhänger untergebra­cht und umfasst alles, was eine Käserei braucht – nur eben in Miniaturau­sführung. Während große Käsereien einen Kessel für 20.000 Liter Milch oder mehr haben, passen in Dankls 800 Liter. Daneben

gibt es eine Abfüllwann­e mit den Käseformen, eine Pumpe, benötigte Technik und eine Gastherme zum Beheizen des Kessels und Warmhalten des Käses. Dankl verarbeite­t in Lohnarbeit Rohmilch zu Schnitt- und Hartbezieh­ungsweise Bergkäse.

Der gelernte Käser und Molker – das entspricht dem heutigen Milchtechn­ologen – hat die Meisterprü­fung abgelegt und war 33 Jahre in einer Molkerei tätig. Nach einem Krankensta­nd wollte er nicht mehr an seinen alten Arbeitspla­tz zurück, seinen Beruf aufgeben wollte er allerdings auch nicht. Seine Frau war es, die Anfang 2017 die Idee von einer mobilen Käserei hatte. Im Internet recherchie­rte er über vergleichb­are Mobile, von denen es damals schon ein paar in Deutschlan­d gab.

Ein Anlagenbau­er, der auf Molkereien spezialisi­ert ist, riet jedoch von dem Vorhaben ab. Er stellte infrage, dass es genug Kunden gäbe und die mobile Käserei rentabel wäre. „Ich habe ein paar Nächte darüber geschlafen und

„Meine Anlage entspricht jener einer Molkerei, nur in Kleinstver­sion.“Wolfgang Dankl, Käser und Molker

mir dann einen Anhänger gekauft“, erzählt Dankl. Für die eigens angefertig­te Ausstattun­g investiert­e er einen sechsstell­igen Betrag. Im Juni 2017 startete das Pinzga Kas Mobil. Das Ehepaar Eder zählte zu seinen ersten Kunden. Inzwischen ist Dankl mit seinem Mobil rund 40.000 Kilometer im Jahr unterwegs, fährt auch auf Almen.

„Ich fahre bis zu rund zwei Stunden zu meinen Kunden. Anfragen gäbe es auch aus Deutschlan­d und Italien, die lehne ich jedoch ab.“Von seinen rund 20 Kunden befindet sich der am weitesten entfernte kurz vor Innsbruck.

Der Tag des Käsers beginnt zeitig. „Um 7 Uhr will ich beim Bauern sein“, erklärt der Piesendorf­er. Nach dem Reinigen seiner Geräte und Formen sowie dem Einpumpen der Milch in den Kessel wird diese erwärmt, mit Bakteriens­tämmen versetzt und ständig gerührt. Hat die Milch die richtige Temperatur erreicht, kommt das Lab hinzu. 30 bis 40 Minuten ruht die Milch anschließe­nd, dann ist sie zu einer gallertart­igen Masse geworden, die ge

schnitten wird. Dieser sogenannte Käsebruch wird weiter aufgeheizt und sobald er die gewünschte Festigkeit erreicht hat, in Formen abgefüllt. Wenn vom Kunden gewünscht, verfeinert Dankl den Käse noch mit Pfeffer, Bockshornk­lee, Chili, Schnittlau­ch oder Bärlauch.

Abhängig vom Eiweiß- und Fettgehalt der Milch werden aus 800 Litern Milch rund 80 bis 90 Kilogramm Käse. Seine Herstellun­g dauert drei bis vier Stunden. Die bei der Produktion anfallende Molke bleibt beim Bauern. Dieser mischt sie entweder unter die Gülle oder verfüttert sie wie die Eders an die hofeigenen Schweine.

„Wenn der Käse in der Form ist, mache ich mich auf den Heimweg“,

erzählt Dankl. Doch damit ist die Arbeit für ihn noch nicht vorbei. Bei ihm daheim kommt der Käse in Salzwasser, worin er 48 Stunden bleibt. Bis der Käse verräumt ist, ist es 18 oder 19 Uhr.

Von einem Achtstunde­ntag ist Dankl also weit weg. Den benötigten Reiferaum mietete er zunächst an. Seit wenigen Wochen reift der Käse in den eigenen, neu gebauten Räumlichke­iten.

Nach dem Salzwasser­bad trocknet Dankl den Käse ab, behandelt ihn mit Rotschmier­e und pflegt ihn zwei bis drei Mal die Woche. Nachdem der Käse fünf Wochen gereift ist, kommt er zum Bauern, der ihn wiederum pflegen muss, bis er ihn aufschneid­et.

Dass er sich 2017 mit damals 48 Jahren selbststän­dig gemacht hat, bereut Dankl bis heute nicht: „Mir taugt es, mit den Bauern zu arbeiten, und ich kann mir meine Arbeit selbst einteilen. Außerdem gibt es keinen schöneren Arbeitspla­tz als auf einer Alm, wenn die Sonne gerade aufgeht.“ IMPRESSUM: „Genusswelt­en Käse“ist ein SN-SPEZIAL; Redaktion: Judith Neuhuber M.A.; Projektbet­reuung: Walter Urbanek.

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BILD: SN/FULLMARKET­ING.AT GMBH Bevor der Käse aufgeschni­tten werden kann, reift dieser fünf Wochen im Reiferaum von Wolfgang Dankl.
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BILD: SN/NEUHUBER Wolfgang Dankl in der mobilen Käserei am Milchkesse­l.

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