Salzburger Nachrichten

Warum Männer unter den Geflüchtet­en sind 203.000 kamen bisher, 168.000 reisten weiter

- I.b.

WIEN. Die Abläufe bei der Registrier­ung von Kriegsflüc­htlingen aus der Ukraine und bei der Zuweisung von Unterkünft­en knirschen zwar noch. Flüchtling­skoordinat­or Michael Takacs ist dennoch zufrieden. Die Hilfsberei­tschaft von Privaten sei nach wie vor enorm, die Zusammenar­beit zwischen Bund, Ländern, Bürgermeis­tern und NGOs funktionie­re hervorrage­nd; überall werde versucht, zusätzlich­e Quartiere aufzustell­en. Es zeige sich nun, wie viel aus der Flüchtling­sund Migrations­krise 2015/16 gelernt wurde.

In Österreich eingetroff­en sind seit Kriegsbegi­nn 203.000 Vertrieben­e, rund 168.000 sind nach Takacs’ Angaben weitergere­ist, vor allem nach Portugal, Spanien und Italien, wo es große ukrainisch­e Gemeinden gibt. Mit der Registrier­ung jener, die in Österreich bleiben wollen, ist man hinterher, obwohl es unterdesse­n österreich­weit 42 fixe und einige mobile Registrier­stellen gibt. 27.000 Registrier­ungen gab es bis Donnerstag, davon allein 3200 am Mittwoch. Viele seien schon in die Grundverso­rgung aufgenomme­n. Der Flüchtling­skoordinat­or geht davon aus, dass durch die Ausweitung der Kapazitäte­n der Rückstau und damit die Wartezeit bei der Registrier­ung rasch schrumpft.

Die sogenannte Blaue Karte – also der Vertrieben­enausweis, der geflüchtet­e ukrainisch­e Staatsange­hörige zum Aufenthalt in Österreich berechtigt – konnte noch niemandem ausgehändi­gt werden, bestätigte Takacs. Aber: „Die Finalisier­ung steht unmittelba­r bevor.“Die Sache sei nicht ganz so einfach gewesen, da es sich um einen neuen Ausweis handle, für den die legistisch­e Basis erst gelegt werden musste. Da er Türöffner zu diversen Leistungen und zum Arbeitsmar­kt sei, habe man aufpassen müssen, dass es zu keinem Konflikt mit dem Datenschut­z kommt. Drittstaat­sangehörig­e, die aus der Ukraine flüchteten, können nicht auf eine Blaue Karte hoffen, stellte Takacs klar – aber um Asyl ansuchen.

Die häufig an ihn gestellte Frage, warum auch relativ viele ukrainisch­e Männer hier seien, obwohl 18bis 60-Jährige ihr Land eigentlich nicht verlassen dürfen, weil sie der Wehrpflich­t unterliege­n, leitete der Flüchtling­skoordinat­or an den ukrainisch­en Botschafte­r in Österreich weiter. Dessen Antwort: Es seien Männer mit ihren Familien ausgereist, ehe die Wehrpflich­t in Kraft trat; zudem gelte sie für Männer unter 60 dann nicht, wenn sie drei (oder mehr) Kinder hätten oder ein Mitglied der Familie pflegebedü­rftig sei. Die Männer seien aber deutlich in der Unterzahl; von den bisher 27.000 in Österreich registrier­ten ukrainisch­en Staatsange­hörigen sind laut Takacs 70 Prozent weiblich. Mehr als ein Drittel der Vertrieben­en sei jünger als 18 Jahre.

Private haben unterdesse­n 9000 Quartiere mit 43.000 Plätzen angeboten. Hotels beteiligen sich als Übergangsl­ösung bei der Unterbring­ung und laufend kommen von Ländern und Gemeinden organisier­te Quartiere dazu. Der Bund bietet derzeit etwa 7000 Plätze. Wie lange das reicht, ist ungewiss. Im schlimmste­n Fall rechnet Takacs mit bis zu 200.000 ukrainisch­en Flüchtling­en in Österreich.

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Seit bald zwei Wochen im Amt: der neue Flüchtling­skoordinat­or Michael Takacs.

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