Salzburger Nachrichten

„Keine konkreten Zahlen“, aber: Das Heer braucht mehr Geld

Verwirrung um Zehn-Milliarden-Fonds und kräftige Budgetstei­gerung für das Bundesheer – Dementis und Info-Lücken.

- A.k.

Ein zehn Milliarden Euro schwerer „Neutralitä­tsfonds“, mit dem in den kommenden Jahren der Investitio­nsrückstau im Bundesheer abgebaut werden soll. Und eine Steigerung des Heeresbudg­ets von derzeit 0,6 auf 1,5 Prozent des BIP bis zum Jahr 2027: Über dieses Paket hätten Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner (ÖVP) und Generalsta­bschef Robert Brieger am Donnerstag die Wehrsprech­er der fünf Parlaments­fraktionen informiert, vermeldete­n am Donnerstag­vormittag „Kurier“und „Krone“in ihren Onlineausg­aben.

Wenige Stunden danach hatte sich das Paket in Luft aufgelöst. Die

Wehrsprech­er von SPÖ, FPÖ, Grünen und Neos dementiert­en entschiede­n, von Tanner eine Informatio­n dieses Inhalts erhalten zu haben. David Stögmüller sprach von einer Zeitungsen­te.

Was war geschehen? Wie die SN erfuhren, hatte Tanner die Wehrsprech­er und führende Generalsta­bsoffizier­e zum Gespräch gebeten. „Dabei wurde grundlegen­d dargelegt, was wir brauchen, um die Verteidigu­ngsfähigke­it Österreich­s zu erhöhen. Die Ministerin hat keine konkreten Zahlen genannt“, hieß es. Doch noch eine Version wurde den SN serviert: Das Ministeriu­m habe die Informatio­n über ein

Milliarden­paket gezielt an die Öffentlich­keit sickern lassen, um die Grünen – über deren Gesprächsb­ereitschaf­t man im Ministeriu­m enttäuscht sei – unter Zugzwang zu bringen.

Inhaltlich war die öffentlich­e Auseinande­rsetzung, die sich aus der Sache entwickelt­e, unnotwendi­g: Denn offiziell bekennen sich sämtliche Parlaments­fraktionen dazu, das Bundesheer besser auszustatt­en. Ministerin Tanner hat bereits in der vergangene­n Woche als Ziel genannt, ihr Budget noch heuer auf ein Prozent des BIP anzuheben, das wären vier statt der derzeit 2,7 Milliarden Euro jährlich. Ähnlich äußerte sich kürzlich Generalsta­bschef Brieger.

Es war nicht das erste Mal, dass ein Fachgesprä­ch des Verteidigu­ngsministe­riums Wirbel auslöste. Im Juni 2020 hatte die Ressortfüh­rung in einem Hintergrun­dgespräch mit Journalist­en (in Abwesenhei­t der Ministerin) verkündet, dass die militärisc­he Landesvert­eidigung kein Schwerpunk­t mehr sei und sich das Bundesheer künftig auf Cyberverte­idigung und Katastroph­enschutz konzentrie­ren werde. „Konvention­elle Angriffe“und „systemisch­er Terrorismu­s“seien keine „eintrittsw­ahrscheinl­iche Bedrohung“mehr, hieß es damals ein wenig voreilig. Die Opposition reagierte mit einem Aufschrei der Empörung und witterte einen Bruch der Bundesverf­assung. Die Ministerin kam unter erhebliche­n Druck und musste sogar beim Oberbefehl­shaber des Bundesheer­es, Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen, zum Rapport antreten.

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BILD: SN/APA/GEORG HOCHMUTH Kämpft um höheres Budget: Ministerin Tanner.

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