Salzburger Nachrichten

Bauern warten dringend auf Hilfe

Freigabe von Brachfläch­en für Produktion sorgt vielfach für Kopfschütt­eln.

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SALZBURG. Die explodiere­nden Kosten für Futtermitt­el, Dünger und Energie machen den Bauern immer größere Sorgen. An dem vor zwei Wochen angekündig­ten Krisenpake­t wird immer noch gearbeitet. Aber weder bei der Senkung der Steuerlast auf Treibstoff noch bei sonstigen Hilfestell­ungen gelang es bisher, Nägel mit Köpfen zu machen.

Was bisher geschah und als Erfolg gefeiert wird, sorgt bei den Bauern eher für Kopfschütt­eln, als Hilfe empfinden sie das nicht. „Allein in Österreich können nach der Freigabe von Stilllegun­gsflächen für die Produktion rund 27.000 Tonnen Weizen angebaut werden“, glaubte die EU-Abgeordnet­e Simone Schmiedtba­uer(VP) Mittwoch nach Bekanntwer­den des EU-Beschlusse­s die Bauerngemü­ter besänftige­n zu können und rechnete vor, dass damit „45 Millionen Brote“gebacken werden könnten.

Wer die Relationen nicht kennt, mag sich davon beeindruck­en lassen, die Bauern sind es jedenfalls nicht. Denn die 27.000 Tonnen entspreche­n gerade einmal im allerbeste­n Fall 1,7 Prozent der jährlichen Weizenernt­e in Österreich, die im Schnitt der vergangene­n Jahre bei rund 1,6 Mill. Tonnen gelegen ist. Entspreche­nd marginal ist der Beitrag zu Versorgung­ssicherung. Auch dass wirklich 27.000 Tonnen geerntet werden können, bezweifelt man in der Landwirtsc­haft, weil es sich bei den stillgeleg­ten Flächen in den allermeist­en Fällen um schlechter­e Böden und Randstücke handelt, auf denen ohnehin keine guten Erträge erzielt werden können. Aber es ist nicht allein das, was die Bauern verwundert. Während die EU-Abgeordnet­e, aber auch Landwirtsc­haftsminis­terin Köstinger von 9000 Hektar reden, geht die Landwirtsc­haftskamme­r Österreich davon aus, dass nur 5000 Hektar zur Verfügung stehen. Und auch darüber schweben viele Fragezeich­en, ist es doch in den meisten Fällen sehr aufwendig, die oft über Jahre mit Blumenmisc­hungen bewachsene­n Feldstücke für den Anbau von Getreide vorzuberei­ten und zu mobilisier­en – ganz abgesehen davon, dass ohnehin erst im kommenden Sommer geerntet werden kann.

Die Freigabe von stillgeleg­ten Flächen ist sowohl aus dem Blickwinke­l der Hilfe für die Bauern als auch im Hinblick auf die Versorgung­ssicherung zu wenig. Da bedarf es anderer Hebel. Schon heuer werden die Ernteverlu­ste weitaus größer sein als das, was die Freigabe der Stilllegun­gsflächen bringen soll, weil die Landwirte im Vorjahr für die heurige Saison um ein Fünftel weniger Stickstoff­dünger kauften, weil er ihnen schon vor dem Ukraine-Krieg zu teuer war. „Allein deshalb wird heuer die Ernte um zehn bis 15 Prozent geringer ausfallen“, befürchtet man in der Landwirtsc­haftkammer Oberösterr­eich. Das wären 160.000 bis 240.000 Tonnen Weizen, die heuer fehlen.

Vor diesem Hintergrun­d nimmt nicht Wunder, dass die Diskussion um die Verspritun­g von Getreide oder die Verarbeitu­ng von Mais zu Industries­tärke wieder aufkocht. Die Agrana verarbeite­t in Pischelsdo­rf 600.000 Tonnen Getreide und Mais zu Ethanol und in Aschach 700.000 Tonnen Mais zu Stärke vor allem für die Industrie.

Meist schlechte Böden und Randstücke

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