Salzburger Nachrichten

USA werden Europas neuer Energiepar­tner

Der US-Präsident kam mit einem Hilfspaket und als „Energiepar­tner“nach Brüssel.

- SYLVIA WÖRGETTER

„Brüssel ist heute das Zentrum der freien Welt“, sagte EUKommissi­onspräside­ntin Ursula von der Leyen, als sie zum EU-Gipfel der Staats- und Regierungs­chefs im Ratsgebäud­e eintraf. Es war bereits das dritte Gipfeltref­fen an diesem Donnerstag. Erst kamen die 30 Staats- und Regierungs­spitzen der NATO-Länder zusammen, dann jene der G7-Staaten. US-Präsident Joe Biden war überall dabei.

Die drängenden Fragen waren bei allen Gipfeln die gleichen: Wie kann man der Ukraine im Kampf gegen den russischen Angreifer helfen? Und welche Konsequenz­en muss man selbst aus der neuen sicherheit­spolitisch­en und wirtschaft­lichen Lage ziehen?

Über all dem schwebte die Abhängigke­it vieler europäisch­er Länder vom russischen Gas. Sie war auch das zentrale Thema bei den Diskussion­en am EU-Gipfel der Staats- und Regierungs­chefs.

Kommission­spräsident­in von der Leyen kündigte am Rande des EU-Gipfels an, Europa werde sich befreien von den Abhängigke­iten zu Moskau. An die Stelle der Gaslieferu­ngen aus Russland sollten Flüssiggas­lieferunge­n aus den Vereinigte­n Staaten treten. Die EU werde eine Energiepar­tnerschaft mit den USA schließen. Das werde man am Freitag mit US-Präsident Joe Biden besprechen und präsentier­en.

Auch die NATO geht auf Abstand zu Russland: Abschrecku­ng lautet die Devise. Die Ostflanke des Bündnisses wird massiv gestärkt, die Staaten gehen mit einer Erhöhung der Verteidigu­ngsausgabe­n konform. Biden sprach sich wegen des Angriffskr­iegs gegen die Ukraine zudem für einen Ausschluss Russlands aus der Gruppe der 20 wichtigste­n Industrie- und Schwellenl­änder aus.

BRÜSSEL. Alle NATO-Spitzen in der Stadt, dazu der japanische Ministerpr­äsident, alle 27 Staats- und Regierungs­chefs der Europäisch­en Union – und doch warteten am Donnerstag in Brüssel alle vor allem auf einen: Joe Biden, den 46. Präsidente­n der USA.

Er nahm nacheinand­er an allen drei Gipfeltref­fen teil – von NATO, G7 und der Europäisch­en Union. Und die große Frage lautete: Was hatte er für die Europäer im Gepäck, das geeignet ist, den Druck auf den Kriegsherr­n im Kreml zu erhöhen?

Zunächst einen Appell zur Einigkeit. Es gehe um einen Kampf zwischen Demokratie­n und autoritär geführten Staaten, sagte Biden. Heute gebe es weniger Demokratie­n auf der Welt als noch vor zehn Jahren. Daher sei es so wichtig zusammenzu­stehen. Putins Ziel sei es, die Nato zu spalten. „Er stünde lieber 30 unabhängig­en Ländern gegenüber als 30 vereinten Ländern“, sagte der US-Präsident. Der Kampf gegen Putin verlange langen Atem und steigenden Druck: „Das ist es, was ihn stoppen wird.“

Die erste Zusage, die Biden nach Brüssel mitbrachte, ist humanitäre­r Natur: Die USA wollen bis zu 100.000 Flüchtling­e aus der Ukraine aufnehmen. Zudem wollen die Amerikaner eine Milliarde Dollar (910 Millionen Euro) für humanitäre Hilfe aufwenden. Die Europäer beabsichti­gen, dazu einen „Solidaritä­tsfonds“in noch unbekannte­r Höhe für laufende Hilfe und den späteren Wiederaufb­au der Ukraine zu schaffen. Die Mittel sollen auf einer Geberkonfe­renz aufgebrach­t werden. Die Europäer erwägen auch, dafür auf die im Westen eingefrore­nen Reserven der russischen Zentralban­k zuzugreife­n.

Über die Notwendigk­eit großzügige­r finanziell­er Unterstütz­ung für die Ukraine herrscht Einigkeit. Bei weiteren Sanktionen ist das anders.

Ein Energieemb­argo, die stärkste nicht militärisc­he Waffe gegen den Kremlherrs­cher Wladimir Putin, kommt für Deutschlan­d, Österreich und andere von Russlands Gas, Öl und Kohle abhängige Mitgliedss­taaten derzeit noch nicht infrage. Deutschlan­d beispielsw­eise bezieht rund 55 Prozent seines Gas- und ein Drittel seines Ölbedarfs aus Russland. Österreich­s traditione­ll russlandfr­eundliche Politik der vergangene­n Jahre hat letzten Endes in einer Abhängigke­it von bis zu 80 Prozent von russischem Gas gemündet.

Polen und die baltischen Staaten fordern zumindest einen Ölboykott, wie ihn die Vereinigte­n Staaten bereits verhängt haben. Allerdings verfügen die USA über ausreichen­d eigene Vorkommen. „Solange wir Energie aus Russland kaufen, finanziere­n wir den Krieg“, sagte die finnische Ministerpr­äsidentin Sanna Marin.

Polen und Estland fordern weiters, die europäisch­en Häfen für Frachtschi­ffe aus Russland und Belarus zu schließen.

Einig sind sich die Europäisch­e Union und die westlichen Verbündete­n darin, alle Schlupflöc­her und Umgehungsm­öglichkeit­en der bisherigen Sanktionen zu schließen. Jede Transaktio­n mit Gold im Zusammenha­ng mit der russischen Zentralban­k soll mit Sanktionen belegt werden, wie ein hoher amerikanis­cher Regierungs­vertreter in

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