Der Zopf muss auf jeden Fall sitzen
Wales’ Superstar Gareth Bale hat so seine Marotten. Das wirkt erstaunlich.
Es war auffallend. Nach dem 2:0 durch den Waliser Gareth Bale am Donnerstag im WM-Playoff gegen Österreich ging nach dem Treffer der erste Griff des Real-Legionärs vor grölenden Fans in seinem Heimstadion von Cardiff ans Herz – aber gleich in der nächsten Bewegung wurde der typische Haarzopf gerichtet. Man will ja für die Kameras artgerecht auftreten. Sein Markenzeichen wurde an diesem Tag zum Siegessymbol. Erst später sollten Schimpftiraden gegen seine Kritiker in Spanien folgen.
Nach dem Spiel, als sich Bale und ÖFB-Kapitän David Alaba, bei Real Madrid sonst Teamkollegen, in den Armen lagen, wurde es unordentlich: Alaba wuschelte mit ernster Miene den Zopf des bei Madrid ausgemusterten Stürmers emotionslos durcheinander – was dabei gesprochen wurde, ist nicht bekannt. Dem Gesichtsausdruck nach freute sich der 32-Jährige tierisch, einen Schritt näher zur WM in Katar gekommen zu sein. Alaba konnte seine Enttäuschung nicht verhehlen. Immer wieder nahm er Bale in den Arm und wuschelte weiter in dessen Haarpracht. Der Abwehrchef beim spanischen Rekordmeister setzte dagegen auf strenge Kurzhaarfrisur. Streng, fast bedrohlich wollte er wirken. Das ging an diesem Abend im Südwesten von Großbritannien wohl daneben.
Der 29-jährige gebürtige Wiener hat eine kleine Leidenszeit hinter sich: Bei der 0:4Heimklatsche von Real Madrid im „Clásico“gegen Barcelona fiel Alaba als Abwehrregisseur bei allen Toren negativ auf. Auch gegen Wales schien er einige Male nicht auf der Höhe seiner möglichen Schaffenskraft zu sein. Ungewöhnlich für einen, der es gewohnt war, über viele Jahre fast unantastbar und mit Konstanz souverän über den Rasen beinahe zu schweben.
Auf der anderen Seite steht mit dem früheren Leichtathleten Bale ein Ausgemusterter, der – versüßt mit vielen Millionen Euro – noch auf einen würdevollen Abgang aus Madrid hofft. Eine Bewerbung hat er nun vor seinem Vertragsende im Sommer abgeliefert. Mit dem Gehalt von 660.000 Euro pro Woche könnte er übrigens zig Mal zum Friseur gehen, um sich seinen makellosen Zopf bearbeiten zu lassen. Das sollte Bale aber nicht an die große Glocke hängen, denn die Wahrheit liegt für die Fußballer noch immer auf dem Platz. Auch wenn dort in emotionalen Situationen der Zopf scheinbar mehr zählt als der eigentliche Torjubel.