Kotor und seine Katzen
Samtpfoten an Montenegros Küste. Ein Privatmuseum zeigt Aufstieg und Niedergang der Katzenherrschaft in den Hafenstädten des Mittelmeers.
Das Hafenstädtchen Kotor in Montenegro ist ein malerisches Fleckchen Erde. Und es ist eine Hochburg für Katzen und Katzenfreunde. Ein Spaziergang führt durch die vielen verwinkelten Innenstadtgässchen, kaum eines, durch das man nicht eine elegante Katzendame lustwandeln sähe. Das kann jedoch auch ein stolzer Kater sein, der selbstbewusst mit erhobenem Schwanz auf einer Steinmauer einherschreitet, bevor er blitzschnell hinter einer blühenden Hecke verschwindet. Katzen gehören in Kotor zum Stadtbild, ihnen verdankt das Städtchen auch einen guten Teil seiner entspannten, mediterranen Atmosphäre.
Eine Verbindung zu Katzen ließe sich schon aus dem Namen des Städtchens ableiten, schließlich bedeutet „kot“auf Russisch Katze. Auch der italienische Name der Stadt – Cattaro – lässt eine Nähe zu „gatto“vermuten. Doch so einleuchtend eine sprachliche Verbindung zwischen Ort und Tier auch klingen mag – Herr Pazzi sieht das anders.
Piero Pazzi ist Katzenforscher aus Berufung und mit Leidenschaft. Wir treffen ihn in einem altehrwürdigen Palazzo in der Altstadt von Kotor, wo er im Erdgeschoß ein Katzenmuseum eingerichtet hat. Da finden sich zahllose Gemälde, Fotografien und Bücher über Katzen ebenso wie Skulpturen und Gedichte, die die Tugenden dieser Tiere preisen.
Beim Durchschreiten der Räume entsteht der Eindruck, die großen Entwicklungen der Weltgeschichte seien von Katzen zumindest maßgeblich mitgestaltet worden. Eines der zu Schau gestellten Bücher hat Pazzi selbst geschrieben: In „Venedig und die Katzen“schildert er die lange Tradition, die Katzen auf der ganzen Welt haben, vor allem in Küstenstädten. Das hängt damit zusammen, dass sie über Jahrhunderte als Schiffskatzen willkommene Begleiter der Seeleute auf deren monatelangen Fahrten über die Weltmeere waren. Auf Schiffen spielten Katzen eine wichtige Rolle, um die Mäuse- und Rattenplage an Bord in Grenzen zu halten. Zudem sorgten sie wohl auch für Abwechslung und Unterhaltung der Mannschaft.
Doch heute hätten diese Tiere in den Küstenstädten ihre besten Zeiten hinter sich, erzählt Pazzi. „Das hat mit dem langsamen, aber unaufhaltsamen Niedergang der Schiffskatzen begonnen.“Auch die Bevölkerungsstruktur der klassischen „Katzenstädte“am Mittelmeer hat sich verändert. In
Venedig etwa leben immer weniger ältere Menschen, die sich gerne Katzen als Haustiere halten. Auch frei lebende Katzen haben es schwerer, weil Stadtverwaltungen mit Kastrierungsprogrammen versuchen, die ungehemmte Vermehrung dieser Tiere einzudämmen.
Pazzi lehnt solche Initiativen vehement ab. „Es hat sich gezeigt, dass das Fehlen von Katzen das natürliche Gleichgewicht aus der Balance bringen kann“, sagt er. In Städten ohne frei lebende Katzen habe sich das biologische Gleichgewicht verschoben, Ratten nahmen überhand. Besser sei der gegenläufige Trend, dass man versucht, Katzen in Hafenstädten neu anzusiedeln und für ihren Fortbestand zu sorgen.
Abgesehen von den Ausstellungsgegenständen sorgt im Museum auch eine lebendige schwarze Katze für Anschauungsmaterial. Bukiza heißt sie und das Museum ist ihr Zuhause. Am liebsten räkelt sie sich in einem großen, mit Stofffetzen gefüllten Korb. Aber mehrmals am Tag muss sie einen Rundgang durch die Ausstellungsräume machen, um zu zeigen, wer die Herrin im Haus ist. Besucher sind ihr dabei egal bis leicht störend. Kein Wunder, dass sich Bukiza auch nicht gern fotografieren lässt.
Den Anstoß dazu, seine private Sammlung öffentlich zu machen, erhielt der Italiener
vor Jahren durch die großzügige Spende der antiquarischen Gemäldesammlung der Gräfin Francesca di Montreale Mantica, in der sich zahllose Katzendarstellungen befanden. Rasch wuchs die Sammlung an. Heute platzt sie aus allen Nähten. Die Ausstellungsfläche reicht gerade noch aus, um die besten zehn Prozent der Sammlung zu zeigen. „Der größte Teil liegt in diversen Lagern“, sagt Pazzi.
Längst läuft die Suche nach einem neuen Standort, gerne auch in einem anderen Land. Obwohl eine Alternative gar nicht so einfach sein dürfte. Denn Kotor biete durch seine Lage am äußersten Zipfel Dalmatiens den Katzen ideale Lebensbedingungen – und auch die Stadtbevölkerung liebe die Tiere. Ein Standort in Österreich wäre „großartig“, sagt Pazzi, der sich ein Quartier etwa in einem Kloster vorstellen kann.
Übrigens freut sich das Museum über neue Mitglieder für seinen Verein namens „Society for the Cats Museum of Cattaro – Kotor“. Dafür braucht man lediglich ein eingescanntes Foto samt Namen, Adresse und E-Mail-Adresse an das Museum schicken. Eine einzige Bedingung gilt es zu erfüllen: Nur Katzen können Mitglieder werden. Dafür erhalten Sie dann eine Mitgliedsurkunde, die sie ausdrucken, einrahmen und aufhängen können.