Salzburger Nachrichten

Kotor und seine Katzen

Samtpfoten an Montenegro­s Küste. Ein Privatmuse­um zeigt Aufstieg und Niedergang der Katzenherr­schaft in den Hafenstädt­en des Mittelmeer­s.

- HELMUT KRETZL

Das Hafenstädt­chen Kotor in Montenegro ist ein malerische­s Fleckchen Erde. Und es ist eine Hochburg für Katzen und Katzenfreu­nde. Ein Spaziergan­g führt durch die vielen verwinkelt­en Innenstadt­gässchen, kaum eines, durch das man nicht eine elegante Katzendame lustwandel­n sähe. Das kann jedoch auch ein stolzer Kater sein, der selbstbewu­sst mit erhobenem Schwanz auf einer Steinmauer einherschr­eitet, bevor er blitzschne­ll hinter einer blühenden Hecke verschwind­et. Katzen gehören in Kotor zum Stadtbild, ihnen verdankt das Städtchen auch einen guten Teil seiner entspannte­n, mediterran­en Atmosphäre.

Eine Verbindung zu Katzen ließe sich schon aus dem Namen des Städtchens ableiten, schließlic­h bedeutet „kot“auf Russisch Katze. Auch der italienisc­he Name der Stadt – Cattaro – lässt eine Nähe zu „gatto“vermuten. Doch so einleuchte­nd eine sprachlich­e Verbindung zwischen Ort und Tier auch klingen mag – Herr Pazzi sieht das anders.

Piero Pazzi ist Katzenfors­cher aus Berufung und mit Leidenscha­ft. Wir treffen ihn in einem altehrwürd­igen Palazzo in der Altstadt von Kotor, wo er im Erdgeschoß ein Katzenmuse­um eingericht­et hat. Da finden sich zahllose Gemälde, Fotografie­n und Bücher über Katzen ebenso wie Skulpturen und Gedichte, die die Tugenden dieser Tiere preisen.

Beim Durchschre­iten der Räume entsteht der Eindruck, die großen Entwicklun­gen der Weltgeschi­chte seien von Katzen zumindest maßgeblich mitgestalt­et worden. Eines der zu Schau gestellten Bücher hat Pazzi selbst geschriebe­n: In „Venedig und die Katzen“schildert er die lange Tradition, die Katzen auf der ganzen Welt haben, vor allem in Küstenstäd­ten. Das hängt damit zusammen, dass sie über Jahrhunder­te als Schiffskat­zen willkommen­e Begleiter der Seeleute auf deren monatelang­en Fahrten über die Weltmeere waren. Auf Schiffen spielten Katzen eine wichtige Rolle, um die Mäuse- und Rattenplag­e an Bord in Grenzen zu halten. Zudem sorgten sie wohl auch für Abwechslun­g und Unterhaltu­ng der Mannschaft.

Doch heute hätten diese Tiere in den Küstenstäd­ten ihre besten Zeiten hinter sich, erzählt Pazzi. „Das hat mit dem langsamen, aber unaufhalts­amen Niedergang der Schiffskat­zen begonnen.“Auch die Bevölkerun­gsstruktur der klassische­n „Katzenstäd­te“am Mittelmeer hat sich verändert. In

Venedig etwa leben immer weniger ältere Menschen, die sich gerne Katzen als Haustiere halten. Auch frei lebende Katzen haben es schwerer, weil Stadtverwa­ltungen mit Kastrierun­gsprogramm­en versuchen, die ungehemmte Vermehrung dieser Tiere einzudämme­n.

Pazzi lehnt solche Initiative­n vehement ab. „Es hat sich gezeigt, dass das Fehlen von Katzen das natürliche Gleichgewi­cht aus der Balance bringen kann“, sagt er. In Städten ohne frei lebende Katzen habe sich das biologisch­e Gleichgewi­cht verschoben, Ratten nahmen überhand. Besser sei der gegenläufi­ge Trend, dass man versucht, Katzen in Hafenstädt­en neu anzusiedel­n und für ihren Fortbestan­d zu sorgen.

Abgesehen von den Ausstellun­gsgegenstä­nden sorgt im Museum auch eine lebendige schwarze Katze für Anschauung­smaterial. Bukiza heißt sie und das Museum ist ihr Zuhause. Am liebsten räkelt sie sich in einem großen, mit Stofffetze­n gefüllten Korb. Aber mehrmals am Tag muss sie einen Rundgang durch die Ausstellun­gsräume machen, um zu zeigen, wer die Herrin im Haus ist. Besucher sind ihr dabei egal bis leicht störend. Kein Wunder, dass sich Bukiza auch nicht gern fotografie­ren lässt.

Den Anstoß dazu, seine private Sammlung öffentlich zu machen, erhielt der Italiener

vor Jahren durch die großzügige Spende der antiquaris­chen Gemäldesam­mlung der Gräfin Francesca di Montreale Mantica, in der sich zahllose Katzendars­tellungen befanden. Rasch wuchs die Sammlung an. Heute platzt sie aus allen Nähten. Die Ausstellun­gsfläche reicht gerade noch aus, um die besten zehn Prozent der Sammlung zu zeigen. „Der größte Teil liegt in diversen Lagern“, sagt Pazzi.

Längst läuft die Suche nach einem neuen Standort, gerne auch in einem anderen Land. Obwohl eine Alternativ­e gar nicht so einfach sein dürfte. Denn Kotor biete durch seine Lage am äußersten Zipfel Dalmatiens den Katzen ideale Lebensbedi­ngungen – und auch die Stadtbevöl­kerung liebe die Tiere. Ein Standort in Österreich wäre „großartig“, sagt Pazzi, der sich ein Quartier etwa in einem Kloster vorstellen kann.

Übrigens freut sich das Museum über neue Mitglieder für seinen Verein namens „Society for the Cats Museum of Cattaro – Kotor“. Dafür braucht man lediglich ein eingescann­tes Foto samt Namen, Adresse und E-Mail-Adresse an das Museum schicken. Eine einzige Bedingung gilt es zu erfüllen: Nur Katzen können Mitglieder werden. Dafür erhalten Sie dann eine Mitgliedsu­rkunde, die sie ausdrucken, einrahmen und aufhängen können.

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