Politisches Versagen in der Pflege
Mehr als 450.000 Menschen in Österreich sind auf Pflege angewiesen. Das reicht von der stationären Betreuung rund um die Uhr bis zur stundenweisen Inanspruchnahme einer mobilen Unterstützung. Jedes Jahr kommen rund 10.000 hilfsbedürftige Menschen dazu.
Und es werden immer mehr.
Völlig gegensätzlich entwickelt sich die Zahl derer, die bereit sind, zu helfen und zu pflegen. Derzeit gibt es noch rund 127.000 solche Frauen und Männer. Aber es werden ständig weniger. – Die einen, weil sie in Pension gehen. Die anderen, weil sie den Job nicht mehr länger aushalten. Die Gründe dafür sind rasch aufgezählt: völlige körperliche und psychische Überlastung bis hin zum Zusammenbruch, geringe gesellschaftliche und politische Wertschätzung, schlechte Bezahlung.
In den kommenden acht Jahren braucht Österreich mindestens 42.000 neue Pflegerinnen und Pfleger, um das jetzige Niveau überhaupt halten zu können. Aber selbst das wird nicht reichen. Denn Covid hat den Prozess der Abwanderung aus der Branche beschleunigt. Die wenigen Jungen, die in die Pflege einsteigen möchten, werden gleich zu Beginn zu Gratispraktika verdonnert. Sie fühlen sich bereits ausgenutzt, bevor es noch so richtig losgegangen ist.
Gesellschaft wie Politik verschließen seit Jahren vor diesen Problemen die Augen. Mit alten, kranken, ja sterbenden Menschen will kaum jemand etwas zu tun haben. Das erinnert zu sehr an die eigene Endlichkeit. Von der wollen wir nichts wissen. Familienangehörige sind daher oft überfordert, der Staat stellt nicht ausreichend Hilfe zur Verfügung. Das geht so weit, dass stark pflegebedürftige Menschen aus den Krankenhäusern entlassen werden, aber kein Pflegebett finden, zu Hause tagelang in den eigenen Exkrementen liegen, weil auch kein mobiler Hilfsdienst erreichbar ist. Jetzt wird ein Seniorenheim aus Personalmangel geschlossen. Das macht alles nur noch schlimmer.
Wir haben es in der Pflege mit einem eklatanten Politikversagen zu tun. Hilfsbedürftige ältere Menschen werden im Stich gelassen.