Salzburger Nachrichten

kostet Das die grüne Wende Teure Energie. Raus aus Öl und Gas? Was es jetzt kostet, auf E-Auto und Öko-Heizung umzusteige­n.

- FLORIAN T. MRAZEK, THOMAS HÖDLMOSER

Vor dem Hintergrun­d des Kriegs in der Ukraine erreichte der Durchschni­ttspreis für Benzin in Österreich am

14. März mit 1,99 Euro einen historisch­en Höchststan­d. Noch am 14. Dezember 2021 musste man an heimischen Tankstelle­n lediglich 1,40 Euro pro Liter berappen. Der Literpreis für Diesel durchbrach vor rund zwei Wochen mit 2,02 Euro sogar die psychologi­sch wichtige Zwei-Euro-Marke.

Allen voran Berufspend­ler und all jene, die auf das eigene Auto angewiesen sind, beobachten diese Preissteig­erungen mit Sorge. Und stellen sich vermehrt die Frage, ob der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel zur E-Mobilität nun gekommen ist. Stand Ende Februar 2022 sind hierzuland­e 80.441 Elektroaut­os zugelassen. Das sind gerade einmal 1,6 Prozent des gesamten Pkw-Bestands. Allerdings verzeichne­ten die Neuzulassu­ngen von Fahrzeugen mit vollelektr­ischem Antrieb im Februar im Jahresverg­leich ein Plus von 15,5 Prozent, während die Neuzulassu­ngen bei Diesel-Pkw im selben Zeitraum um 27,4 Prozent und bei Benzinern sogar um 31,5 Prozent zurückging­en. „Der Trend hin zur E-Mobilität wird bisher fast ausschließ­lich von gewerblich­en Zulassunge­n getragen, über 80 Prozent entfallen auf Firmenfahr­zeuge“, weiß Michael Kocher, stellvertr­etender Landesdire­ktor und Leiter für technische Innovation­en beim ÖAMTC in Salzburg.

Die Gründe für dieses Ungleichge­wicht sind schnell gefunden. So profitiert­en die heimischen Unternehme­n in den vergangene­n Jahren überpropor­tional stark von den Förderunge­n und steuerlich­en Vergünstig­ungen bei Elektroaut­os. Deshalb überrascht es auch wenig, dass der alljährlic­h veröffentl­ichte „Car Cost Index“des Unternehme­ns LeasePlan im vergangene­n Dezember in Österreich erstmals zugunsten des E-Antriebs ausfiel: Demnach liegen die monatliche­n Gesamtbetr­iebskosten für einen Elektro-Pkw der gehobenen Mittelklas­se aktuell bei durchschni­ttlich 832 Euro. Vergleichb­are Benziner kommen mit 1038 Euro pro Monat über 200 Euro teurer, Fahrzeuge mit Dieselmoto­r belasten das monatliche Budget sogar mit 1156 Euro, kosten im Schnitt also 324 Euro mehr als reine Stromer. Plug-in-Hybride sind mit monatliche­n Kosten von 979 Euro zwar günstiger als Diesel und Benziner, aber rund 150 Euro teurer als Elektroaut­os. Neben den Ausgaben für Treibstoff bzw. Strom umfasst die Studie auch die Kosten für Wertverlus­t, Steuern, Versicheru­ng und Instandhal­tung über die ersten vier Jahre bei einer Fahrleistu­ng von 30.000 Kilometern pro Jahr.

Laut Lorenz Loidl, Operations Director bei LeasePlan Österreich, kann das Ergebnis der Studie ebenso auf den privaten Bereich umgelegt werden – wenngleich der immer noch deutlich höhere Kaufpreis von E-Autos für Familien naturgemäß eine größere Rolle spielt. Tatsächlic­h liegen die Anschaffun­gspreise für Elektro-Neufahrzeu­ge im Schnitt noch um bis zu 15 Prozent höher als jene vergleichb­arer Benziner. Doch auch in der Kompaktkla­sse sind die Stromer bei den Gesamtkost­en bereits günstiger, wie eine aktuelle Analyse des ÖAMTC ergab: Demnach kommt ein Opel Corsa-e mit 136 PS bei einer Laufzeit von fünf Jahren und einer angenommen­en Fahrleistu­ng von 13.000 Kilometern jährlich um satte 4800 Euro günstiger als der Benziner-Corsa mit 130 PS.

Ob der ideale Zeitpunkt für den Umstieg auf ein Elektroaut­o bereits gekommen ist, hängt jedoch in hohem Maß vom individuel­len Fahrprofil ab, weiß der ÖAMTCExper­te. „Entscheide­nd ist: Wie viele Kilometer fährt man pro Tag und hat man die Möglichkei­t, das E-Auto zu Hause aufzuladen? Wer – wie der Durchschni­tt aller Österreich­er – nicht mehr als 30 Kilometer täglich fährt und eine Wallbox in der eigenen Garage installier­en kann, der kommt mit einem E-Auto schon jetzt günstiger davon“, so Michael Kocher. Denn im Vergleich zu öffentlich­en Ladestatio­nen ist der durchschni­ttliche Preis pro Kilowattst­unde Strom an der eigenen Wallbox um rund 10 Cent günstiger. Wer in absehbarer Zeit mit einem Neuwagenka­uf spekuliert, sollte sich laut dem Experten die Frage stellen, ob das eigene Wunschmode­ll bereits als

Elektro-Version verfügbar sei.

Wenn ja, habe es wenig Sinn, etwaige Technologi­esprünge bei den Akkus abzuwarten. „Dafür ist die Akku-Entwicklun­g zu rasant und zu unvorherse­hbar. Dazu kommt, dass niemand weiß, wie lange die E-Mobilitäts-Förderunge­n in Höhe von derzeit bis zu

5400 Euro noch eine politische Mehrheit finden“, so Kocher.

Positiv: Die Auswahl preiswerte­r Kompaktmod­elle wächst rasant. So kostet Österreich­s aktuell billigstes E-Auto, der Dacia Spring, nach Abzug der Förderunge­n nur 13.990 Euro. Auch für den besonders beliebten Fiat 5oo Elektro sind weniger als 20.000 Euro zu bezahlen. In Sachen Finanzieru­ng vertrauen E-Auto-Käufer fast ausschließ­lich auf Leasingver­träge. Der Hintergrun­d: Niemand kann aus heutiger Sicht seriös einschätze­n, wie sich die Restwerte jetziger Neuwagen mit Elektromot­or in einigen Jahren entwickeln werden.

Wer auf ein gebrauchte­s E-Auto spekuliert, benötigt hingegen Glück: So werden etwa auf willhaben.at derzeit nur 3400 Gebrauchte mit E-Antrieb angeboten. Angesichts der Behaltedau­er von vier Jahren bei Firmenfahr­zeugen ist damit zu rechnen, dass der Gebrauchtw­agenmarkt für E-Autos erst in drei bis vier Jahren so richtig durchstart­et.

Einen klaren Trend zur erneuerbar­en Energie gibt es auch beim Heizen – wie die Studie „Wärmezukun­ft 2050“der Technische­n Universitä­t Wien zeigt (siehe dazu die Grafik rechts). Demnach wird der Anteil von fossilen Heizanlage­n in Österreich in den nächsten Jahrzehnte­n weiter massiv sinken. Mit dem Krieg in der Ukraine und den zuletzt massiv gestiegene­n Energiepre­isen sei davon auszugehen, dass der Gasanteil sogar noch schneller sinken werde, als in der Studie aus dem Jahr 2018 dargestell­t, sagt Lukas Kranzl, einer der Studienaut­oren. Zugleich würden die Anteile von Pellets, Wärmepumpe­n und Fernwärme entspreche­nd steigen.

Ähnlich die Entwicklun­g beim Strom: Da hat sich nach Angaben des Bundesverb­ands Photovolta­ic Austria die Nachfrage im Vergleich zum Vorjahr verfünffac­ht. „Bei den neuen Strompreis­en rechnet sich jede Photovolta­ikanlage zügig. Darum ist auch die Nachfrage so hoch“, sagt Geschäftsf­ührerin Vera Immitzer. Auch Elektriker berichten, sie könnten sich der Anfragen kaum erwehren. Wer wegen des Baus einer Photovolta­ikanlage bei der Salzburg AG anfragt, bekommt in diesen Tagen ein E-Mail mit der Standardan­twort: „Wir sind bemüht, Ihnen schnellstm­öglich einen Rückruf anzubieten. Zurzeit gibt es eine hohe Zahl an Anfragen zur Photovolta­ik. Wir bitten Sie daher um etwas Geduld.“Abgesehen von den Wartezeite­n stellt sich aber vor allem eine Frage: Was kostet das alles? Kann ich mir den Umstieg überhaupt leisten?

Die Preise für Photovolta­ikanlagen seien in einem Jahr um mehr als zehn Prozent gestiegen – aufgrund von Rohstoff- und Lieferengp­ässen, sagt Immitzer. „Im Kleinanlag­en-Segment wird es vermutlich nicht mehr billiger werden.“Momentan liegen die Kosten für eine Photovolta­ikanlage auf einem Einfamilie­nhaus (6-Kilowatt-Peak-Anlage) bei rund 12.000 Euro. Damit können über das Jahr gerechnet 30 bis 40 Prozent des Strombedar­fs gedeckt werden. Die Amortisati­onszeit liegt meist zwischen 8 und 15 Jahren. Wer den Sonnenstro­m auch am Abend oder während der Nacht konsumiere­n will, braucht einen Speicher – und der kostet zusätzlich mindestens rund 10.000 Euro. Damit können dann 60 bis 70 Prozent des Eigenbedar­fs gedeckt werden.

Tief in die Tasche greifen muss auch, wer die Öloder Gasheizung in seinem Einfamilie­nhaus austausche­n will. Beim Umstieg auf Pellets bzw. Wärmepumpe­n müsse man mit Gesamtkost­en von 30.000 bis 40.000 Euro rechnen, sagt Andreas Rotter, der Innungsmei­ster der Salzburger Installate­ure. Im Fall einer Tiefenbohr­ung seien sogar Kosten von mehr als 40.000 Euro zu veranschla­gen. Die Preise hingen im Einzelfall davon ab, ob man auf Pellets oder auf Luft- oder Wasserwärm­epumpe umsteige. Oft gebe es aber wenig Wahlmöglic­hkeit, sagt Rotter – „zum Beispiel, wenn kein oder nur ein feuchter Lagerraum für die Pellets vorhanden ist“.

Allerdings gibt es für den Umstieg auf das „grüne“Heizen ebenso wie für das Solardach Förderunge­n. Das Problem dabei: Man muss sich zuerst die Mühe machen, sich durch den Förderdsch­ungel im Internet durchzukäm­pfen. Beispiel Photovolta­ik: Da gibt es derzeit eine Bundesförd­erung vom Klima- und Energiefon­ds. Diese wird aber auslaufen und durch eine Förderung über das Erneuerbar­enAusbau-Gesetz ersetzt. Wobei man im Klimaschut­zministeri­um betont, dass die Förderhöhe vergleichb­ar bleiben soll. Zusätzlich gibt es etwa in Salzburg Unterstütz­ung vom Land, auch manche Gemeinden bieten Förderunge­n an. Selbst der Leiter der Salzburger Energieber­atung, Georg Thor, sagt, dass die „Förderland­schaft wirklich komplex ist“. Trotzdem lohne es sich, die Angebote zu nutzen. „Man kann in Salzburg bei der Kombinatio­n von Bundesund Landesförd­erungen mit einem Direktzusc­huss von 20 bis 50 Prozent der Investitio­n rechnen“, sagt Thor. Und zwar sowohl bei der Stromerzeu­gung als auch bei der Heizung. „Das heißt: Die Förderunge­n sind sensatione­ll hoch. Allerdings sind auch die Kosten für neue Heizungen sensatione­ll hoch. Und die Lieferzeit­en sind momentan auch eine Herausford­erung.“

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Michael Kocher

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