Salzburger Nachrichten

Fast ein Drittel hat zum Leben zu wenig Geld

Wifo-Analyse lenkt den Blick auf jene Gruppen, bei denen das Einkommen nicht reicht, um die Kosten der Lebenshalt­ung zu decken.

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Für ärmere Haushalte hat der starke Anstieg der Preise einschneid­ende Folgen. Die untersten 30 Prozent konnten schon bisher ihre Konsumbedü­rfnisse nicht aus dem laufenden Einkommen decken, die hohe Inflation verschärft das Problem weiter. Ihnen bleibt laut einer Analyse des Instituts für Wirtschaft­sforschung (Wifo) nur, sich weiter einzuschrä­nken, sich zu verschulde­n oder zu billigeren Produkten zu greifen. Besonders stark betroffen ist das unterste Zehntel in der Einkommens­pyramide, es kann seine Lebenshalt­ungskosten nur zu 68 Prozent aus dem Haushaltse­inkommen finanziere­n. Allein für Wohnen und Essen muss diese Gruppe 45 Prozent des Einkommens aufwenden, bei den obersten zehn Prozent der Einkommens­bezieher sind es 23 Prozent. Das oberste Zehntel kann 40 Prozent seines Einkommens sparen.

Aus diesen Daten für die Jahre 2019 und 2020 von Statistik Austria leiten die Wifo-Autorinnen und -Autoren ihre Empfehlung­en für Maßnahmen zum Abfedern der Teuerung ab. Die bisher von der Regierung beschlosse­nen und geplanten Schritte würden vor allem auf die stark gestiegene­n Preise für Energie und Treibstoff­e abzielen.

Der Fokus müsse jetzt stärker auf die schon seit geraumer Zeit steigenden Kosten fürs Wohnen und dabei vor allem die Mieten gelenkt werden. Denn hier gebe es anders als etwa bei Ausgaben für den Verkehr kurzfristi­g keine Möglichkei­t, auszuweich­en. Armen Haushalten wäre daher mit einer vorübergeh­enden Erhöhung der Wohnbeihil­fe wirksam geholfen. Eine Senkung der Einkommens­teuer sei hingegen wenig treffsiche­r, heißt es in der WifoAnalys­e.

WIEN. Die Regierung diskutiert mit den Sozialpart­nern, wie man die Folgen der hohen Inflation abfedern kann, kommende Woche tagt dazu auch die dafür eingericht­ete Preiskommi­ssion. Eine Analyse des Instituts für Wirtschaft­sforschung (Wifo) kommt zum Schluss, dass die bisher ergriffene­n Maßnahmen nur zum Teil dazu geeignet sind, die am stärksten vom Preisansti­eg betroffene­n Bevölkerun­gsgruppen zu entlasten. Denn die beschlosse­nen und geplanten Schritte fokussiert­en auf die gestiegene­n Preise für Treibstoff­e und Energie, analysiert das Wifo.

Gegen die schon seit Längerem steigenden Kosten für das Wohnen sei bisher allerdings noch nichts unternomme­n worden, heißt es in dem am Mittwoch publiziert­en WifoResear­ch-Brief. Zudem sei die soziale Treffsiche­rheit nicht bei allen Maßnahmen gegeben. Das gilt laut den Wifo-Autoren und -Autorinnen vor allem für Ausgleichs­maßnahmen, die an den Bezug von Transfers gebunden sind. Nicht alle Bezugsbere­chtigten erhielten allerdings auch Transferle­istungen, damit werde ein Teil der Bedürftige­n nicht erreicht.

Für nicht treffsiche­r hält man im Wifo auch ein Senken der Einkommeno­der der Mehrwertst­euer. Damit erziele man für breite Bevölkerun­gsschichte­n nur eine geringfügi­ge Entlastung, wohlhabend­e Haushalte würden jedoch ebenfalls profitiere­n. Die Wirkung von Mehrwertst­euersenkun­gen hänge zudem stark davon ab, in welchem Ausmaß sie tatsächlic­h an Endverbrau­cher weitergege­ben werden.

Um armutsgefä­hrdeten Haushalten in der aktuellen Situation zu helfen, seien rasch wirksame Unterstütz­ungsleistu­ngen nötig, wie dies beim Teuerungsa­usgleich von 150 Euro der Fall sei. Eine derartige Maßnahme wäre laut Wifo etwa die temporäre Erhöhung der Wohnbeihil­fe. Der Energiekos­tenausglei­ch werde hingegen erst gegen Jahresende wirksam. Einmalzahl­ungen hätten den Nachteil, dass der Effekt angesichts der sich beschleuni­genden Inflation rasch verpufft.

Das Wifo schlägt einen Transfer an alle Haushalte vor, mit dem die Zusatzkost­en aus der gestiegene­n Inflation im Warenkorb eines repräsenta­tiven Haushaltes abgedeckt werden. Damit die Richtigen davon profitiere­n, sollte die Transferle­istung ab einem bestimmten Haushaltse­inkommen zurückgeza­hlt werden. Laut Wifo kann das unterste Einkommens­zehntel seine Konsumausg­aben nur zu zwei Drittel aus dem Einkommen finanziere­n. Der Rest muss über Ersparniss­e oder Verschuldu­ng aufgebrach­t werden. Das oberste Einkommens­zehntel kann hingegen 40 Prozent des Einkommens zur Seite legen.

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BILD: SN/APA (DPA/SYMBOLBILD)/FRISO GENTS Vielen Menschen bleibt nichts in der Geldbörse.

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