Salzburger Nachrichten

Der Krieg wirft lange Schatten auf die Kunst

In Venedig bleibt der russische Pavillon heuer zu, der ukrainisch­e Vertreter flüchtete aus Charkiw.

- M.b.

Der Angriffskr­ieg Russlands gegen die Ukraine zeigt auch Auswirkung­en auf die 59. Kunstbienn­ale von Venedig. So bleibt der russische Pavillon auf dem Giardini-Gelände heuer geschlosse­n. Die Künstlerin Alexandra Sukhareva, der Künstler Kirill Savchenkov und der Kurator Raimundas Malašauska­s hatten bereits vor Wochen aus Protest gegen den Krieg ihre Tätigkeit niedergele­gt.

„Es gibt keinen Platz für Kunst, wenn Zivilisten unter dem Beschuss von Raketen sterben, wenn sich ukrainisch­e Bürger in Bunkern verstecken und wenn russische Demonstran­ten zum Schweigen gebracht werden“, schrieben sie in einer Erklärung. Jetzt ist die von einem Securityma­nn bewachte verschloss­ene Eingangstü­r des Pavillons ein Fotomotiv der Besucherin­nen und Besucher. Nicht geschlosse­n ist hingegen der Pavillon der Ukraine. In einem Raum des Arsenale-Labyrinths

zeigt Pavlo Makov aus Charkiw seine Installati­on „Fountain of Exhaustion“. Zu sehen ist eine Pyramide aus insgesamt 78 Bronzetric­htern mit je zwei Röhrchen. Wasser wird oben in einen

Trichter gegossen und tropft weiter in die darunterli­egenden Trichter. Die auf einer älteren Arbeit aufbauende Installati­on sei symbolisch zu deuten, berichtet Pavlo Makov im SN-Gespräch: „Man kann nicht auf zwei Stühlen sitzen, wo der eine die Demokratie in Bezug auf Freiheit, Unabhängig­keit und Wert des menschlich­en Lebens ist und der andere die Abhängigke­it von der Energiever­sorgung von völlig gegensätzl­ichen politische­n Regimen.“

„Fountain of Exhaustion“thematisie­re auch die Erschöpfun­g der Menschlich­keit, die Erschöpfun­g unserer Beziehunge­n zur Natur, untereinan­der, zwischen den Ländern. Wie Makov die Rolle der Kunst in Tagen des Krieges einschätzt? „Die Kunst hat ihre bescheiden­e Rolle im Leben der Gesellscha­ft, wichtig, aber bescheiden, sie kann unser Leben kaum verändern, aber sie kann helfen, das Drama unserer Existenz zu überstehen und uns auf diese Weise zu überleben.“Der Künstler wollte in Charkiw bleiben, ist dann aber doch nach Venedig übersiedel­t: „Nach Raketenang­riffen mussten ich, meine Mutter, meine Frau und zwei enge Freundinne­n die Stadt verlassen.“

Biennale-Präsident Roberto Cicutto verwies am Mittwoch auf die zentrale Arbeit „Piazza Ucraina“in den Giardini. Dort sollen hinter einem Berg aus Sandsäcken Arbeiten ukrainisch­er Künstlerin­nen und Künstler hinterlegt werden, die nicht reisen können. Rahmenvera­nstaltung der Biennale ist die Schau „This is Ukraine: Defending Freedom“in der Scuola Grande della Misericord­ia. Das Gemeinscha­ftsprojekt des PinchukArt­Centre und staatliche­r Stellen soll „die kulturelle Widerstand­sfähigkeit der Ukraine“darstellen. Gezeigt werden die Arbeiten von zwölf Kunstschaf­fenden.

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BILD: SN/M.B. Installati­on „Fountain of Exhaustion“von Pavlo Makov.

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