An der Front
Volle drei Tage tourt Annalena Baerbock durch das Baltikum. In normalen Zeiten hätte das in Berlin vermutlich die Frage aufgeworfen, ob die Außenministerin nichts Besseres zu tun hat. Aber die Zeiten sind nicht normal. Es herrscht Krieg im Osten Europas. Russland versucht seine imperiale Gier durch den Einsatz gnadenloser Gewalt zu stillen. Und die baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen fühlen sich bedroht. Sollte Wladimir Putin in der Ukraine erfolgreich sein, könnte er das Baltikum mit seiner „Insellage“zwischen Russland, Belarus und der Moskauer Exklave Kaliningrad ins Visier nehmen. Solange sich allerdings die russischen Truppen in der Ukraine aufreiben, stehen keine Soldaten für derartige Abenteuer zur Verfügung.
Im kleinen Baltikum mit seiner riesigen geostrategischen Bedeutung ist es deshalb mit Händen zu greifen: Die Ukraine kämpft nicht nur um ihre Existenz als Nationalstaat. Sie verteidigt auch ihre Nachbarn im Westen. Die Ukraine verteidigt Deutschland, aber auch neutrale Staaten wie Österreich und Schweden.
Es war deshalb extrem wichtig, dass sich Baerbock Zeit für ihre Reise genommen hat. Das bot Gelegenheit, endlich einmal aufmerksam zuzuhören. Denn genau das haben westliche, insbesondere deutsche und österreichische Politiker viel zu selten getan. Die Warnungen aus der Region verhallten meist ungehört. Baerbock hat sich zu den Fehlern der Vergangenheit bekannt – Stichwort Nord Stream. Auch das war wichtig. Entscheidend aber ist, dass die Bundesregierung die richtigen Schlüsse daraus zieht und künftig entschlossener handelt.
Denn: Schwere Waffen an die Ukraine liefern heißt sich selbst verteidigen.