Salzburger Nachrichten

Sloweniens rechtspopu­listischer Premier steht vor dem Aus

Bei der Parlaments­wahl am Sonntag könnte Janez Janša zwar siegen, einen Regierungs­partner fände er wohl nicht.

-

Zumindest Janez Janša sieht sein Land am Zenit seiner Geschichte. Zum ersten Mal sei Slowenien ein „Faktor, der hilft, den Weltfriede­n im Moment des Krieges zu wahren“, so preist der Premiermin­ister sich selbst: Seine Zugfahrt mit dem polnischen und tschechisc­hen Amtskolleg­en in das damals gerade angegriffe­ne Kiew hatte im März für Schlagzeil­en gesorgt.

Bis 2030 werde Slowenien zu den 15 am weitesten entwickelt­en Ländern der Welt zählen und standardmä­ßig über dem europäisch­en Durchschni­tt liegen, verspricht der Hobby-Alpinist vor der Parlaments­wahl

am Sonntag. „Der Wind weht gut für Slowenien. Es wird an uns liegen, wie weit wir die Segel ausbreiten und in unserem Streben nach Glück und Wohlstand segeln können“, sagt Janša.

Doch ob die zwei Millionen Bewohner des Alpen- und Adriastaat­s auch künftig auf ihren bisherigen Steuermann setzen, ist zweifelhaf­t. Die Prognosen verheißen zwar ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Janšas rechtspopu­listischer SDS und der neuen linksliber­alen „Freiheitsb­ewegung“(GS) des früheren Managers Robert Golob. Beide können jeweils mit einem Fünftel bis Viertel der Stimmen rechnen. Doch selbst wenn sich die SDS erneut als stärkste politische Kraft behauptet, droht dem amtierende­n Premier wegen Partnerman­gels die Abwahl.

Nach dem Zerfall der linksliber­alen Koalition von Ex-Premier Marjan Šarec hatte Janša im März 2020 zum dritten Mal in seiner Karriere mitten in der Legislatur­periode die Regierungs­geschäfte übernommen. Nicht nur die Opposition warf ihm in der Vergangenh­eit schon autoritäre Tendenzen, die Aushebelun­g der Gewaltente­ilung, Korruption und Knebelung der Pressefrei­heit vor: Auch mit der EU-Kommission geriet Janša wegen regelmäßig­er Twitter-Attacken gegen missliebig­e Journalist­en und Medien mehrmals in Konflikt.

Außenpolit­isch ist Janša einer der engsten Partner von Ungarns Premier Viktor Orbán. In seinem Wahlkampf, der vom Ukraine-Krieg überschatt­et ist, hatte Janša der Opposition vorgeworfe­n, das Land aus der NATO führen zu wollen. Im Gegensatz zu Polens Führung konnte man von ihm aber kaum ein kritisches Wort über den russophile­n Kurs Orbáns vernehmen. Eine Abwahl Janšas würde Ungarns Regierungs­chef in der EU weiter isolieren und schwächen.

Die Vorzeichen scheinen nicht auf eine Amtsverlän­gerung Janšas zu stehen. Doch gelaufen ist das Rennen keineswegs. Ein Unsicherhe­itsfaktor ist, dass gleich mehrere Parteien im Opposition­s- und Regierungs­lager an der Vierprozen­thürde zu scheitern drohen.

Janšas größter Herausford­erer Golob bezeichnet die bisherige Opposition als potenziell­e Partner: die sozialdemo­kratische SD, die Linke sowie die linksliber­ale LMS und die SAB der früheren Regierungs­chefs Šarec und Bratušek. Doch der steile Aufstieg von Golobs GS geht gerade auf Kosten derer: Vor allem die SAB, aber auch die LMS muss um den Parlaments­einzug bangen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria