Salzburger Nachrichten

Mozart aus Vorurteils-Kugeln heraushole­n

Das Projekt „Spot On MozART“schafft neue Mozart-Bilder, zeitgemäße Zugänge und ein neues Verstehen seiner Musik.

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Mozart auf der Salzburger Eventbühne Hangar-7. Seine Arie „Geme la Tortorella“(zu Deutsch: „Die Turteltaub­e seufzt“) vorgetrage­n unter einer futuristis­chen Glaskuppel und zwischen Flugzeugkl­assikern. Draußen dunkle Nacht, drinnen heller Klang und alles aufgezeich­net von einer 360-Grad-Kamera. Der so gedrehte „VR MozART“-Film ermöglicht beim Anschauen mit einer VirtualRea­lity-Brille individuel­le Perspektiv­en. Und: Das Publikum „kann in diesem Reisekonte­xt, der Mozart nicht fremd war, die Aufmerksam­keit auf verschiede­ne Orte lenken“, sagt Franziska Wallner über die neuen Zugänge zu Mozart, die mit diesem Projekt einhergehe­n.

Wallner ist Projektman­agerin für „Spot On MozART“, eine von der Universitä­t Mozarteum und weiteren Partnerins­tituten auf drei Jahre angelegten „Expedition in eine visuelle Erforschun­g des Hörens und damit in ein (neues) Verstehen der Musik von Mozart“, wie es heißt. Für Wallner dreht sich das interdiszi­plinäre Projekt um die Frage: Wie verändert sich die Wahrnehmun­g von Musik, wenn wir sie mit neuen Bildern versehen? Gerade Mozart und seine Musik seien mit Vorurteile­n behaftet, erläutert Wallner im SN-Gespräch den Anlass für diese Neuaufstel­lung von Mozart-Requisiten: Landläufig werden Perücken, alte Kostüme oder – laut dem Ergebnis einer Umfrage – auch Blumenwies­en mit Mozart assoziiert. Wallner: „Was passiert aber, wenn man die Musik mit Bildern verknüpft, die man nicht erwartet, die aus einem anderen Kontext kommen? Können wir dann die Musik neu erleben?“

Ja, sagt Thomas Ballhausen, ein zweiter „Spot On MozART“-Gestalter: „Unser zentraler Gedanke ist, Mozart ins 21. Jahrhunder­t zu bringen. Der Facettenre­ichtum der Werkprojek­te, die unter dem Dach von ,Spot on MozART‘ entstehen, vom Musikvideo bis zum Kurzspielf­ilm, von der experiment­ellen Dokumentat­ion bis zur Medieninst­allation, zeigt, wie viel Gegenwärti­gkeit in Mozart steckt.“Das übersehe man gern, weil man meine, das kenne man schon, sagt Ballhausen. „Aber kennen wir Mozart wirklich? Lernen wir ihn doch auf eine Weise neu kennen, die unserer Gegenwart und heutigen Technologi­en entspricht, ohne dass man sich einem Zeitgeist unterordne­t“, sagt er.

Eine Prämisse des Projekts ist, dass alle visuellen Neuzugänge offenstehe­n, die Musik aber nicht verändert wird. „Ein Erbe ist dann am besten tradiert und weitergege­ben“, sagt Ballhausen, „wenn man es aufmacht und auf eine ehrliche und konstrukti­ve Weise damit arbeitet.“

Mit dem Bild des Aufmachens leitet er zu einer anderen Mozart-Visualisie­rung über, die seine Kollegin als Auspacken beschreibt: „Mozart Contained!“, sagt Wallner, biete die Möglichkei­t, „Mozart raus aus der Mozartkuge­l und rein in einen Container zu holen“. Betritt man den Container, werden vier Lichtskulp­turen erhellt. Jede Skulptur steht für eine Stimme in Mozarts Dissonanze­n-Quartett. Tritt man an eine Skulptur heran, wird die jeweilige Tonspur einzeln gespielt. Wallner: „Gerade bei Mozart sind wir schnell verleitet, ihn in eine gefällige Schublade zu stecken. Aber dieses und die anderen Projekte zeigen, wie komplex seine Musik ist. Damit können wir auch neue Gruppen ansprechen und zeigen, dass noch andere Mozart-Dimensione­n da sind, dass wir mit Mozart noch nicht am Ende angekommen sind.“

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BILD: SN/MICHAEL GEBENDORFE­R / BEYOND FRAMES Ein Schauplatz des Projekts ist der Hangar-7.

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