Intelligente Jacke schützt Feuerwehren
Im Anzug von Texport verarbeitete Sensoren melden, wenn die Einsatzkraft zu überhitzen droht. Dabei spielen auch die Psychologie und das Geschlecht eine Rolle.
Die Decke brennt, die Luft um den Feuerwehrmann hat 200 Grad. Er sieht nichts, er muss kriechen und den Boden abtasten. „Er muss einerseits eventuell verletzte Personen suchen und sich gleichzeitig merken, wo im Raum er sich gerade befindet – das ist eine extreme physische und psychische Belastung“, sagt Otmar Schneider. Der 67-jährige Salzburger ist der Gründer von Texport, einem Hersteller für Feuerschutzbekleidung.
Texport will nun die Einsätze der Feuerwehr noch sicherer machen. Gemeinsam mit Salzburg Research, der Sportpsychologie an der Uni Salzburg sowie als Subvertragspartner Digital Elektronik aus Grödig und Grabher Group aus Vorarlberg forscht das Unternehmen an intelligenter Kleidung, die eine Überhitzung der Feuerwehrleute erkennt: Dafür messen in die Textilien
eingearbeitete Sensoren den Schweiß beziehungsweise die Luftfeuchtigkeit in der Einsatzjacke, erklärt Elisabeth Häusler. Sie betreut das Projekt für Salzburg Research. „Wir wollen wissen, wann der richtige Zeitpunkt ist, um eine Intervention zu setzen“, sagt sie.
Salzburg Research will herausfinden, wo die Sensoren am besten platziert werden. In einer Pilotstudie tragen Studierende der Uni Salzburg die Jacke am Laufband. Ein Algorithmus lernt dadurch, den Zeitpunkt zu berechnen, an dem es den Probanden zu heiß wird.
Die Jacke solle jedoch auch unter möglichst realen Bedingungen getestet werden, erzählt TexportGründer Schneider: Dabei tragen Feuerwehrleute die Textilien in einem Container, in dem Holzpaletten verbrannt werden. „Das spiegelt auch den Stress und den Druck wider, denen die Feuerwehrmitglieder ausgesetzt sind“, weiß er.
Denn beim Einsatz spiele auch die mentale Verfassung eine Rolle: „Sie spüren die Hitze, haben teilweise schon erste Rötungen auf der Haut, tragen eine Ausrüstung mit 20 Kilogramm. Sie vermuten eine Person weiter vorn – das verstärkt den Druck enorm“, sagt Schneider. Die Einsatzkräfte dürften sich nicht überschätzen, aber auch nicht unterschätzen: „Sie müssen um ihr eigenes Leben fürchten.“Ihren Kollegen könnten sie zwar vertrauen, aber am Einsatzort sind andere Menschen, die sie nicht kontrollieren können – und die hysterisch werden könnten. „Sie müssen viele Eindrücke kompensieren, bewerten und innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde eine Reaktion darauf erarbeiten.“
Um diesen psychischen Stress zu messen, werden die Testpersonen befragt, nachdem sie aus dem brennenden Container kommen. Die Ergebnisse werden dann mit den Daten
aus dem Anzug verglichen, erklärt Elisabeth Häusler: „So können wir ein Modell entwickeln, ab wann für das Feuerwehrmitglied alles zu viel wird.“
Wichtig ist aber auch eines: Die Daten werden dann nicht an eine
Leitstelle weitergegeben, sondern bleiben im Anzug – und damit bei der Einsatzkraft, betonen die Entwickler.
Die intelligente Jacke könne auch helfen, sollte die Feuerwehr zu einem Autounfall im Hochsommer gerufen werden, ergänzt Schneider: „Die Hitze, der Atemschutz, der Helm, das darf man nicht unterschätzen.“Die Sensoren in der Jacke melden, wann es zu heiß wird.
Für Schneider ist es zudem wichtig, auch Feuerwehrfrauen für die Studie zu gewinnen: Fünf bis sieben Prozent der Feuerwehrleute sind weiblich, sie seien vor allem bei den freiwilligen Feuerwehren auf dem Land im Einsatz. „Wir wollen sehen, ob sie anders reagieren.“
Das Projekt zu den intelligenten Einsatzjacken läuft bis 2023. Es ist durch die Wissenschaftsstrategie 2025 des Landes Salzburg gefördert. Texport hat den Hauptsitz in Salzburg, 105 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickeln dort die Produkte. Insgesamt arbeiten für das Unternehmen 650 Personen, zwei Außenstellen produzieren in Mazedonien, eine in Bulgarien. „In Europa zählen wir zu den zwei größten Herstellern von Feuerschutzkleidung“, sagt Otmar Schneider. Der 67-Jährige hat das Unternehmen vor 30 Jahren gegründet.
„Wir messen den Schweiß in der Jacke.“