Salzburger Nachrichten

Wie 50 Seiten Lust auf Mitsprache machen

Während es mit dem Demokratie­verständni­s junger Leute teils rasant abwärtsgeh­t, steuern Salzburger Forscher dagegen.

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PUCH-URSTEIN. Es liegt digital und analog auf, ist etwa 50 Seiten stark und in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisc­h und Polnisch zu lesen: Das Methodenha­ndbuch soll all jene unterstütz­en, die mit jungen Leuten zu tun haben. „Wir von der Fachhochsc­hule Salzburg haben die Sozial- und Jugendarbe­it im Blick. Doch zur Zielgruppe gehören Lehrer, Vereine und alle, die mit Bildung zu tun haben. Also auch unsere eigenen Studierend­en“, sagt FHProfesso­r Markus Pausch. Er leitete das Projektkon­sortium und erklärt, warum so viele junge Menschen heute Nachholbed­arf in Sachen Demokratie, Beteiligun­g und soziales Handeln haben: „Wir verzeichne­n in den meisten europäisch­en Ländern Trends in der Gesellscha­ft, die den Extremismu­s oder den Rassismus stärken, die Fake News ebenso fördern wie populistis­che Weltanscha­uungen. Ich bin kein Freund eines allgemeine­n Pessimismu­s über die Jugend – im Gegenteil: Es gibt genug Grund zum Optimismus. Doch heute muss man über negative Tendenzen stärker nachdenken als noch vor einigen Dekaden.“

Gibt es bei Jugendlich­en und jungen Menschen tatsächlic­h zu wenige Kompetenze­n, wenn es etwa um das Auftreten gegen Ausgrenzun­g und Rassismus geht? Pausch nickt und sagt: „Ja. Das lässt sich sehr sicher sagen, das zeigt sich auch in Studien. Wir haben ein Problem mit Demokratie­kompetenze­n, aber das betrifft alle Altersgrup­pen. Die Älteren in diesem Punkt außen vor zu lassen ist ein Fehler. Doch Jugendlich­e sind durch die institutio­nelle Bildung besser zu erreichen. Daher haben wir in diesem Projekt auf sie geschaut.“

In dem Handbuch geht es laut Pausch darum, mit Bildung und Aufklärung zu arbeiten. Das beginne bei der Bewusstsei­nsbildung. Vielen sei nicht klar, welche Rolle die Politik im eigenen Alltag spielt, wie Mitsprache funktionie­rt und wie man sich gegen Diskrimini­erung stellt. „Wir sind in der Arbeit über den Anker von Vorgaben auf europäisch­er Ebene zu einer ganzen Reihe essenziell­er Kompetenze­n gekommen. Dazu zählen kritisches Denken, ein eigenes Urteilsver­mögen, Medienkomp­etenz oder interkultu­relles Verstehen“, erklärt der Projektlei­ter. Was für ihn gute Prävention­sarbeit ausmacht? „Aus meiner Sicht beginnt sie bei der Stärkung von Demokratie­qualität. Das würde heißen: Je besser eine Demokratie funktionie­rt, desto weniger extreme Phänomene wie Ungleichhe­it, Ausgrenzun­g oder Rassismus schlagen in der Gesellscha­ft auf.“

Auf die Frage, ob Jugendlich­e sich in ganz Europa – die Projektpar­tner haben ihre Sitze in Toulouse (Frankreich) und Warschau (Polen) – mit denselben Themen konfrontie­rt sehen, sagt der FH-Professor: „Gewisse Themen betreffen uns alle. Die Verführung durch den Populismus zum Beispiel oder der Eindruck, dass junge Leute an der Demokratie zu wenig teilhaben. Zu wenig Möglichkei­ten, gehört zu werden – darüber klagen Jugendlich­e in Frankreich, Polen und Österreich gleicherma­ßen.“Daneben gebe es recht spezifisch­e Schwerpunk­te: In Frankreich seien das etwa der Islam und der Umgang mit den Religionen. In Polen spiele das kaum eine Rolle, dafür gehe es um die Regierung, die an der Kippe zum Autoritari­smus stehe, sagt Pausch. „In Österreich ist es eine Mischung aus Verschiede­nem, allem voran geht es bei uns um Rechtsextr­emismus und die Ausgrenzun­g von Minderheit­en.“

„Kritisches Denken fördern.“

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Markus Pausch, Fachhochsc­hule

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