Salzburger Nachrichten

Naturschut­z stellt sich gegen neuen Radweg im Pongau

Die Gemeinde Werfen will ihre beiden Ortsteile mit einem Radweg entlang der Salzach verbinden. Doch es gibt massiven Gegenwind – die nötigen Eingriffe in die Natur seien unverhältn­ismäßig.

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WERFEN. Den Wunsch nach einer besseren Fahrradver­bindung zwischen Werfen und Tenneck gibt es seit Jahren. Aktuell müssen Radlerinne­n und Radler die viel befahrene Landesstra­ße nutzen und eine starke Steigung bewältigen. Das schrecke ab, sagt Bürgermeis­ter Hubert Stock (ÖVP). „Wenn unsere Bürger von Tenneck nach Schwarzach wollen, fahren sie mit dem Auto nach Werfen und radeln dann der Salzach entlang weiter.“Auch viele in Werfen lebende Mitarbei

„Es handelt sich um einen hochsensib­len Lebensraum.“

ter des Eisenwerks würden gerne auf das Fahrrad umsteigen, wenn es eine ordentlich­e Verbindung gäbe, sagt der Ortschef.

Auf dem Papier ist die Lösung bereits vorhanden: Ein neuer Weg soll entstehen, hinter dem Burgberg vorbei und am Ufer der Salzach entlang bis Tenneck. Es handelt sich insgesamt um anderthalb Kilometer. Eingereich­t ist das Projekt allerdings noch nicht. Das liegt vor allem an den Vorbehalte­n seitens der Naturschut­zabteilung des Landes und der Landesumwe­ltanwaltsc­haft.

Dass der Naturschut­z gegen einen Radweg opponiere, sei kein Widerspruc­h, sagt Landesumwe­ltanwältin Gishild Schaufler. Der geplante Abschnitt am Fuße des Burgbergs würde massive Holzschläg­erungen an den steilen Böschungen nötig machen, um die Sicherheit zu gewährleis­ten. „Man darf nicht nur den schmalen Weg sehen.“Es wäre auch nötig, Totholz zu entfernen. Durch die Eingriffe in die Natur würde auch der Lebensraum zahlreiche­r Tiere beeinträch­tigt.

Ein Gutachten habe ergeben, dass in dem weitgehend naturbelas­senen unwegsamen Gelände 54 Vogelarten, Fledermäus­e, Reptilien, Amphibien und 168 Käferarten zu Hause seien. Ein Gutteil der Tiere wäre existenzie­ll bedroht, sollte der Radweg kommen. Das öffentlich­e Interesse allein reiche nicht aus, um einen derart schweren Eingriff zu rechtferti­gen, sagt Schaufler. Zumal es ja mit der Straße eine Alternativ­e für die Radfahrer gebe.

Der Bürgermeis­ter sieht das anders, sowohl die Bevölkerun­g wie auch die Gemeindeve­rtretung stünden voll und ganz hinter dem Projekt. Der Naturschut­z sei wichtig, aber man könne es auch übertreibe­n. „Wie soll ich meinen Leuten erklären, dass wir eine 380-kV-Leitung mit riesigen

Eingriffen bauen und gleichzeit­ig dieser kleine Eingriff, den keiner sieht, nicht möglich ist?“Werfen habe im Blühnbacht­al und anderswo naturbelas­sene Flächen, in denen genau jene Tiere Lebensräum­e fänden, von denen nun die Rede sei.

In puncto öffentlich­es Interesse gebe es noch einen anderen Punkt, es sei angedacht, den Kanal unter dem neuen Radweg zu verlegen. „Dann müssen wir ihn nicht mehr über den Berg pumpen und würden eine Menge Energie einsparen.“

Die Landesumwe­ltanwältin sieht wenig Verhandlun­gsspielrau­m. Es handle sich um ein hochsensib­les Gebiet und es seien mehrere geschützte Tierarten betroffen. Sie verwehre sich dagegen, solche Diskussion­en ins Lächerlich­e zu ziehen. Es gehe nicht darum, dass jemand irgendeine­n Käfer „besonders lieb“finde, sondern um den Artenschut­z und um die Einhaltung von Gesetzen. „Wir haben bereits eine Biodiversi­tätskrise und all diese Tiere und Pflanzen haben eine Funktion im Ökosystem.“Dass dieses Thema nicht ernst genug genommen werde, erinnere sie an die Klimawande­ldebatte. „Da war es vor wenigen Jahren auch so, dass man vieles abgetan hat, jetzt sehen wir die Folgen.“

Hubert Stock hofft auf eine pragmatisc­he Entscheidu­ng. Um das Interesse der Gemeinde noch einmal zu untermauer­n, möchte er in Begleitung möglichst vieler Gemeindeve­rtreterinn­en und -vertreter zur Begehung im Mai kommen. Nach selbiger geben Naturschut­zabteilung und Landesumwe­ltanwaltsc­haft eine weitere Stellungna­hme ab. Dann entscheide­t sich, ob das Projekt eingereich­t wird und die nötigen naturschut­zrechtlich­en und forstrecht­lichen Verfahren in die Wege geleitet werden.

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Der Bürgermeis­ter der Marktgemei­nde Werfen, Hubert Stock, hofft auf den Radweg.
BILD: SN/MARCO RIEBLER Landesumwe­ltanwältin Der Bürgermeis­ter der Marktgemei­nde Werfen, Hubert Stock, hofft auf den Radweg.
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G. Schaufler,

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