Salzburger Nachrichten

Das Kunsthaus Bregenz gastiert in der Lagunensta­dt

- MARTIN BEHR

Vor 25 Jahren wurde das von Architekt Peter Zumthor erbaute Bregenzer Kunsthaus (KUB) eröffnet. Dieses Jubiläum nahm Kunsthaus-Direktor Thomas D. Trummer zum Anlass für eine aufwendige und hochkaräti­g besetzte „Auslandsex­kursion“: Unter dem Motto „KUB in Venedig“werden in Venedig Arbeiten der nigerianis­chen Künstlerin Otobong Nkanga und der aus Kairo stammenden Anna Boghiguian in der Scuola di San Pasquale präsentier­t. Ein Gebäude, das in der Lichtwirku­ng eine „vergleichb­are Situation“aufweise, wie es heißt.

Neben diesen Einzelpräs­entationen hat Trummer auch noch ein ehrgeizige­s Diskurspro­gramm aufgestell­t, bis kommenden Montag wird es Talkrunden mit Zumthor, den Künstlerin­nen Monira Al Qadiri und Dora Budor sowie der Kuratorin und Museumsdir­ektorin Carolyn Christov-Bakargiev geben.

Im Obergescho­ß der Scuola di San Pasquale zeigt Anna Boghiguian ein raumfüllen­des Schachspie­l mit starkem Bezug zur österreich­ischen Geschichte. Hauptfigur auf dem von Spiegelflä­chen und schwarzem Plexiglas gebildeten Schachbret­t ist Marie Antoinette von Österreich-Lothringen. In „The Chess Game“agiert sie mit Federhut

und einem blumengesc­hmückten Kleid. Boghiguian hat diese und alle anderen Darstellun­gen auf Papier gezeichnet, die von süffisante­r Leichtigke­it geprägten Arbeiten wurden danach auf Holz montiert. Sigmund Freud sitzt mit Hut gemütlich auf einem Stuhl, auch (fast) alle übrigen Akteure des Schachspie­ls sind österreich­ischer Provenienz: Felix Salten und Ludwig Wittgenste­in etwa, Theodor Herzl und Egon Schiele, aber auch Aribert Heim, der Lagerarzt von Mauthausen, der bis zu seinem Tod 1992 unbehellig­t in Kairo lebte.

Vom Panoptikum mit rot-weißroten Wiedergäng­ern, das als eine „Parabel der Ungleichhe­it“, als ein Sinnbild von Gut und Böse zu verstehen ist, zu den Interventi­onen und Rauminstal­lationen von Otobong Nkanga. Ihre großformat­ige Tapisserie „Tied to the Other Side“thematisie­rt Raubbau an sowie den ewigen Kreislauf der Natur. „Das Leben endet nicht im Tod“, sagt die Künstlerin. Auf den barocken Altar reagiert Nkanga mit Gedichten, die sie in – brüchig gewordene – Erde aus Vorarlberg geschriebe­n hat. Die Sprünge im Erdreich korrespond­ieren mit dem brüchigen Wandverput­z. Ein stimmiges Memento mori.

Ausstellun­g: KUB in Venedig – Otobong Nkanga & Anna Boghiguian, Scuola di San Pasquale, bis 4. 7.

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„The Chess Game“der ägyptische­n Künstlerin Anna Boghiguian.

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