Zu wenig Plastik wird recycelt
Österreich hat nicht genug Aufbereitungsanlagen. Und die bestehenden sind nicht voll ausgelastet.
Rund eine Million Tonnen Plastikmüll fallen pro Jahr in Österreich an. Laut Umweltministerium (BMK) wurden im Jahr 2019 929.919 Tonnen in Österreich behandelt: 72 Prozent verbrannt, 26 Prozent recycelt, 2 Prozent deponiert. Dass der Anteil des wiederverwerteten Plastiks derart gering ist, liegt daran, dass es in Österreich zu wenig Aufbereitungsanlagen gibt. Geht es nach dem Statusbericht 2020 zum Bundes-Abfallwirtschaftsplan, stehen hierzulande 25 Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 416.000 Tonnen jährlich zur Verfügung. Doch selbst sie sind nur zu einem Teil ausgelastet. Im Statusbericht heißt es dazu: „An zwölf Standorten werden ausschließlich Kunststoffabfälle mit einer jährlichen Verarbeitungskapazität von 225.700 Tonnen aufbereitet.“2018 wurden aber nur 149.300 Tonnen recycelt.
„Bei den genannten 416.000 Tonnen handelt es sich um die behördlich genehmigten maximalen Anlagenkapazitäten, die immer über den tatsächlichen
Inputmassen liegen. Tatsächlich sind 2019 rund 242.000 Tonnen Kunststoffabfälle in inländischen Recyclinganlagen eingesetzt worden“, hieß es auf SN-Nachfrage aus dem BMK.
Eine Studie des Umweltbundesamts kam indes zu dem Schluss, dass „mit der bestehenden Anlagenstruktur und den derzeit finanziellen Rahmenbedingungen die EU-Ziele nur schwer erreicht werden können“. Und die sehen bis 2030 eine Recyclingquote von mindestens 50 Prozent vor. Mit ein Grund seien die hohen Kosten, die eine Bereitstellung von sortenreinen Fraktionen verursacht. Kunststoffabfälle müssten teilweise importiert werden, damit das Recycling rentabel bleibe.
Rund eine Viertelmillion Tonnen Plastikmüll importiert Österreich pro Jahr. Davon sind 150.000 Tonnen „sortenrein“. Sie können zu 86 Prozent recycelt werden, 13 Prozent müssen verbrannt und nur 1 Prozent deponiert werden.
Exportiert werden rund 230.000 Tonnen. Auch davon sei mehr als die Hälfte reines Plastik, sagt Lisa Panhuber von Greenpeace. Ein Großteil wird nach Deutschland, Slowenien, Tschechien und in die Slowakei gebracht. Doch auch in Singapur, Hongkong, Thailand, Libanon und Sierra Leone landet Plastikmüll made in Austria. 2020 waren es allein 600 Tonnen, die legal nach Malaysia verschifft wurden.
„Dort wird unter dem Deckmantel des Recyclings Müll verbrannt, es entstehen giftige Dämpfe, es gibt keine Filteranlagen, das Abwasser wird in Gewässer eingeleitet, die Mitarbeiter haben keine Schutzausrüstung“, kritisiert Panhuber. Allerdings sei auch innerhalb der EU der „Müllhandel ein großes Geschäft für kriminelle Organisationen. Er ist die Nummer drei nach Menschenund Drogenhandel.“Im Vorjahr wurden 896 Tonnen Plastikmüll aus Österreich illegal in die Türkei gebracht. 360 kamen retour, die geplante Ausfuhr von weiteren 143 Tonnen wurde rechtzeitig gestoppt. „In Österreich kostet das Verbrennen
von Müll 150 Euro pro Tonne. Es gibt aber Abnehmer in Polen oder Serbien, die nur 60 Euro verlangen“, berichtet die GreenpeaceExpertin.
Nächstes Problem: die Zwischenhändler. Der Plastikmüll aus Österreich, der 2021 in der Türkei auftauchte, wurde zunächst nach Deutschland exportiert. Erst von dort gelangte er in die Türkei. Panhuber: „Es ist ernüchternd, dass vor Gericht vieles im Sand verläuft. Weil nicht genug Beweise vorliegen, dass man in Österreich wusste, wo der Müll landet.“In dem von Greenpeace aufgedeckten Fall jener 700 Tonnen Plastikmüll, die 2020 illegal nach Malaysia gebracht worden waren, habe es gleich mehrere Zwischenhändler gegeben. 100 Tonnen schickte man nach Österreich zurück, der Rest war bereits deponiert.
Aus dem Umweltministerium heißt es dazu: „Aus unserer Sicht besteht keinerlei Notwendigkeit, Abfälle über den halben Erdball zu verschiffen. Wir haben in Österreich ausreichende Kapazitäten, um unsere Kunststoffabfälle vor Ort zu recyceln oder zu verwerten. Trotzdem werden Kunststoffabfälle aus wirtschaftlichen Gründen immer wieder exportiert.“