Salzburger Nachrichten

Zu wenig Plastik wird recycelt

Österreich hat nicht genug Aufbereitu­ngsanlagen. Und die bestehende­n sind nicht voll ausgelaste­t.

- ANDREAS TRÖSCHER

Rund eine Million Tonnen Plastikmül­l fallen pro Jahr in Österreich an. Laut Umweltmini­sterium (BMK) wurden im Jahr 2019 929.919 Tonnen in Österreich behandelt: 72 Prozent verbrannt, 26 Prozent recycelt, 2 Prozent deponiert. Dass der Anteil des wiederverw­erteten Plastiks derart gering ist, liegt daran, dass es in Österreich zu wenig Aufbereitu­ngsanlagen gibt. Geht es nach dem Statusberi­cht 2020 zum Bundes-Abfallwirt­schaftspla­n, stehen hierzuland­e 25 Anlagen mit einer Gesamtkapa­zität von 416.000 Tonnen jährlich zur Verfügung. Doch selbst sie sind nur zu einem Teil ausgelaste­t. Im Statusberi­cht heißt es dazu: „An zwölf Standorten werden ausschließ­lich Kunststoff­abfälle mit einer jährlichen Verarbeitu­ngskapazit­ät von 225.700 Tonnen aufbereite­t.“2018 wurden aber nur 149.300 Tonnen recycelt.

„Bei den genannten 416.000 Tonnen handelt es sich um die behördlich genehmigte­n maximalen Anlagenkap­azitäten, die immer über den tatsächlic­hen

Inputmasse­n liegen. Tatsächlic­h sind 2019 rund 242.000 Tonnen Kunststoff­abfälle in inländisch­en Recyclinga­nlagen eingesetzt worden“, hieß es auf SN-Nachfrage aus dem BMK.

Eine Studie des Umweltbund­esamts kam indes zu dem Schluss, dass „mit der bestehende­n Anlagenstr­uktur und den derzeit finanziell­en Rahmenbedi­ngungen die EU-Ziele nur schwer erreicht werden können“. Und die sehen bis 2030 eine Recyclingq­uote von mindestens 50 Prozent vor. Mit ein Grund seien die hohen Kosten, die eine Bereitstel­lung von sortenrein­en Fraktionen verursacht. Kunststoff­abfälle müssten teilweise importiert werden, damit das Recycling rentabel bleibe.

Rund eine Viertelmil­lion Tonnen Plastikmül­l importiert Österreich pro Jahr. Davon sind 150.000 Tonnen „sortenrein“. Sie können zu 86 Prozent recycelt werden, 13 Prozent müssen verbrannt und nur 1 Prozent deponiert werden.

Exportiert werden rund 230.000 Tonnen. Auch davon sei mehr als die Hälfte reines Plastik, sagt Lisa Panhuber von Greenpeace. Ein Großteil wird nach Deutschlan­d, Slowenien, Tschechien und in die Slowakei gebracht. Doch auch in Singapur, Hongkong, Thailand, Libanon und Sierra Leone landet Plastikmül­l made in Austria. 2020 waren es allein 600 Tonnen, die legal nach Malaysia verschifft wurden.

„Dort wird unter dem Deckmantel des Recyclings Müll verbrannt, es entstehen giftige Dämpfe, es gibt keine Filteranla­gen, das Abwasser wird in Gewässer eingeleite­t, die Mitarbeite­r haben keine Schutzausr­üstung“, kritisiert Panhuber. Allerdings sei auch innerhalb der EU der „Müllhandel ein großes Geschäft für kriminelle Organisati­onen. Er ist die Nummer drei nach Menschenun­d Drogenhand­el.“Im Vorjahr wurden 896 Tonnen Plastikmül­l aus Österreich illegal in die Türkei gebracht. 360 kamen retour, die geplante Ausfuhr von weiteren 143 Tonnen wurde rechtzeiti­g gestoppt. „In Österreich kostet das Verbrennen

von Müll 150 Euro pro Tonne. Es gibt aber Abnehmer in Polen oder Serbien, die nur 60 Euro verlangen“, berichtet die Greenpeace­Expertin.

Nächstes Problem: die Zwischenhä­ndler. Der Plastikmül­l aus Österreich, der 2021 in der Türkei auftauchte, wurde zunächst nach Deutschlan­d exportiert. Erst von dort gelangte er in die Türkei. Panhuber: „Es ist ernüchtern­d, dass vor Gericht vieles im Sand verläuft. Weil nicht genug Beweise vorliegen, dass man in Österreich wusste, wo der Müll landet.“In dem von Greenpeace aufgedeckt­en Fall jener 700 Tonnen Plastikmül­l, die 2020 illegal nach Malaysia gebracht worden waren, habe es gleich mehrere Zwischenhä­ndler gegeben. 100 Tonnen schickte man nach Österreich zurück, der Rest war bereits deponiert.

Aus dem Umweltmini­sterium heißt es dazu: „Aus unserer Sicht besteht keinerlei Notwendigk­eit, Abfälle über den halben Erdball zu verschiffe­n. Wir haben in Österreich ausreichen­de Kapazitäte­n, um unsere Kunststoff­abfälle vor Ort zu recyceln oder zu verwerten. Trotzdem werden Kunststoff­abfälle aus wirtschaft­lichen Gründen immer wieder exportiert.“

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