Salzburger Nachrichten

RH knöpft sich die Cybersiche­rheit vor Im Verzug mit dem Frühwarn- und dem Analysesys­tem

Die Prüfer erinnern an die massive Cyberattac­ke aufs Außenamt. Dass seither die Hausaufgab­en gemacht wurden, können sie nicht erkennen.

- INGE BALDINGER

WIEN. Vor nicht ganz zweieinhal­b Jahren – von Ende Dezember 2019 bis Anfang Februar 2020 – war die Republik der bisher massivsten Cyberattac­ke ausgesetzt. Ziel war das Außenminis­terium; und die ITExperten mehrerer Ministerie­n und externe Spezialist­en hatten wochenlang alle Hände voll zu tun, um den Angriff abzuwehren und die ITSysteme des Außenamts robuster zu machen.

Nun erinnert der Rechnungsh­of (RH) an die schwerwieg­ende Attacke, die erstmals in Österreich als „Cyberkrise“eingestuft wurde. Der RH bescheinig­t dem Bund zwar, die Krise „grundsätzl­ich gut“bewältigt zu haben. Die damals geäußerte Einschätzu­ng von Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg (ÖVP), es habe sich gezeigt, „dass das Krisenmana­gement hervorrage­nd funktionie­rt“, teilen die Prüfer aber nicht. Im Gegenteil: Die Krise wäre schneller und besser zu managen gewesen, hätte der Bund seine Hausaufgab­en in Sachen Cybersiche­rheit gemacht.

So habe es an „Krisen-, Kontinuitä­tsund Einsatzplä­nen“gefehlt, was umso schwerer wiegt, als in Österreich das Kanzleramt plus drei

Ministerie­n (Innen, Verteidigu­ng, Außen) für die Koordinier­ung der Cybersiche­rheit zuständig sind. Zudem mussten damals blitzartig erst die passenden Räumlichke­iten und die notwendige Ausstattun­g (Hardware, Software) organisier­t werden, damit die IT-Experten loslegen konnten. Eindringli­ch empfiehlt der RH der Regierung, ein permanent verfügbare­s Einsatztea­m zu schaffen sowie ein Lagezentru­m zur Bearbeitun­g von Notfällen.

Ein ressortübe­rgreifende­s Lagezentru­m soll auch entstehen, eine Art Bunker unter dem Innenminis­terium, der 2024 fertig sein soll. Das jedenfalls sieht das Krisensich­erheitsges­etz vor, das die Regierung – wohl auch im Gefolge des Cyberangri­ffs auf das Außenamt – im vergangene­n Herbst ankündigte. Ziel des Gesetzes ist, die gesamtstaa­tliche Zusammenar­beit und die Abläufe in Krisenfäll­en aller Art zu verbessern, vom Blackout über hybride Bedrohunge­n und Naturkatas­trophen bis zu Pandemien. Dann wurde es rasch sehr ruhig um das neue Gesetz, zuletzt hieß es, die Pläne müssten überarbeit­et werden, um auch „sicherheit­spolitisch­e Entwicklun­gen“, wie sie nun im Zusammenha­ng mit dem Krieg in der Ukraine auftraten, stärker zu berücksich­tigen.

Der Rechnungsh­of dagegen sieht die Regierung so oder so im Verzug. Er erinnert in seinem Bericht etwa an das Netz- und Informatio­nssicherhe­itsgesetz (NISG), das seit rund zweieinhal­b Jahren in Kraft ist. Es sieht u. a. vor, dass sämtliche meldepflic­htigen Sicherheit­svorfälle – im Bank- und Gesundheit­swesen, bei den Energie- und Trinkwasse­rversorger­n, in der öffentlich­en Verwaltung etc. – in einem Meldeanaly­sesystem zusammenge­führt werden, um zu stets aktuellen Lagebilder­n zu kommen. Kritisch merkt der RH an, dass das Meldeanaly­sesystem bis heute nicht in Betrieb sei.

Außerdem vermisst der RH das im NISG vorgesehen­e Frühwarnsy­stem, das Risiken von Netz- und Informatio­nssystemen erkennen kann, ehe etwas passiert – oder im Fall, dass etwas passiert, sofort Alarm gibt. Das Innenresso­rt wäre ermächtigt, ein derartiges System zu betreiben. Allein: Im vergangene­n Jahr sei es immer noch in einer „ersten Konzeptpha­se“gewesen.

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