Und sie dreht sich doch und immer öfter
BERNHARD FLIEHER
Austrofred kommt aus der Presse. Also nicht er selbst, sondern sein Album „Life is Laff“. Auf Vinyl. Dafür laufen im südoststeirischen Fehring die Pressen. Dort steht das einzige größere Vinylpresswerk Österreichs. Es läuft auf Hochtouren. Es muss, denn die Nachfrage nach Vinylschallplatten steigt. Wer in der Steiermark bei Austrovinyl eine Bestellung aufgibt, muss im Moment 18 bis 20 Wochen warten, bis die Platte gehört werden kann.
„Wir haben gehofft, dass sich etwas entwickelt“, erinnert sich Peter Wendler, Geschäftsführer von Austrovinyl, an die Gründung vor fünf Jahren. Nun werde man aber „förmlich mitgerissen mit der Welle“. Daher entsteht in Fehring ein zusätzliches Presswerk. Die Kapazität wird verdreifacht. Statt rund 8000 Schallplatten, die derzeit pro Woche hergestellt werden können, sollen es dann 24.000 Stück sein.
2017 haben die Vinylfreaks Johann Fauster, Johann Koller und Peter Wendler mit dem Schallplattenpressen begonnen. Sie hatten bemerkt, dass es oft lange dauerte, bis Alben, die als CD schon erschienen waren, auf Vinyl zu haben waren. Der Aufstieg der CD in den 1990erJahren hatte einen Industriezweig ausgelöscht – vorübergehend, wie man im Rückblick sagen kann. Mit dem einstigen Niedergang der Schallplattenindustrie wurden jedenfalls Presswerke geschlossen, Maschinen verkauft oder verschrottet. Als die drei Liebhaber und Sammler zu Plattenpressern wurden, mussten sie zunächst viel improvisieren. Aus Schweden wurden passende Maschinen angeschafft. In einem 300 Jahre alten Herrenhaus wurde eine alte, schon totgesagte Technologie wiederbelebt. Das erste Album aus dem Presswerk war von DelaDap – die erste Schallplatte nach 15 Jahren, die in Österreich gepresst wurde.
Der Verkauf von Schallplatten hat im vergangenen Jahr in Österreich um zwölf Prozent zugenommen. 400.000 Schallplatten wurden 2021 verkauft – so viele wie zuletzt vor 30 Jahren. Tendenz steigend. Diesen Boom spürt nicht nur das Presswerk Austrovinyl. Die niederösterreichische Firma Project hat sich zum Weltmarktführer bei Plattenspielern entwickelt.
„Wir merken diesen Trend deutlich“, sagt Peter Kreyci vom Salzburger Musikladen, der am Samstag wieder Teil des Record Store Day ist. Diese Initiative will unabhängige Plattenläden stärken – und das stärkt auch den Vinylboom. Jährlich erscheinen Sonderpressungen für den Record Store Day. Im Salzburger Musikladen wird beides verbunden. Es gibt ein Hi-Fi-Studio, in dem man sich geeignete Plattenspieler suchen kann. Ausschlaggebend für den Erfolg von Project ist laut Kreyci auch, dass „bei Project alles in der nächsten Umgebung produziert wird und nicht in China oder Japan“. Das sei oft ein Kaufargument.
Bemerkbar sei auch, dass junge Musikinteressierte die für CD
„nicht mehr sehr relevant ist“. Sie streamen und gleichzeitig kaufen sie Plattenspieler, „um dann aktiv und ganz bewusst Musik zu hören“. Im Vergleich zum Download oder zum Abrufen eines Songs auf Spotify sei es „eine andere, eine emotionalere Erfahrung, wenn man die Nadel auf das Vinyl setzt“, sagt Wendler von Austrovinyl.
Im Moment könnte in Fehring mehr gepresst werden. Aufträge gibt es genug. Doch es gibt auch
Nachschubprobleme. So ist Vinyl-Compound, der Stoff, aus dem die klingenden Rollen gepresst werden, knapp. Es gibt nach Aussagen von Lieferanten weltweit eine Kapazitäten für 150 Millionen Stück Platten pro Jahr. Gebraucht wird von der chemischen Masse aber eine Menge für 300 Millionen.
Gleiches gilt für den Karton für die Schallplattenhüllen. „Im Moment geht es darum, dass wir geschickt und rechtzeitig bestellen“, sagt Wendler. An Aufträgen mangelt es nicht. Sie kommen zum größten Teil aus Österreich, aber auch nach Ungarn, Kroatien oder Slowenien wird geliefert.
Wenn die Platten von Austrofred fertig sind, wird ein Projekt von Herbert Pixner gepresst. „Es geht thematisch quer durch“, sagt Wendler. Und die Pressen rotieren.
Record Store Day:
„Es ist eine emotionale Erfahrung, wenn man die Nadel aufs Vinyl setzt.“