Salzburger Nachrichten

Und sie dreht sich doch und immer öfter

- Peter Wendler, Austroviny­l 23. April, in Österreich nehmen 28 Plattenläd­en teil, in Salzburg der Musikladen in der Linzer Gasse (10 bis 18 Uhr).

BERNHARD FLIEHER

Austrofred kommt aus der Presse. Also nicht er selbst, sondern sein Album „Life is Laff“. Auf Vinyl. Dafür laufen im südoststei­rischen Fehring die Pressen. Dort steht das einzige größere Vinylpress­werk Österreich­s. Es läuft auf Hochtouren. Es muss, denn die Nachfrage nach Vinylschal­lplatten steigt. Wer in der Steiermark bei Austroviny­l eine Bestellung aufgibt, muss im Moment 18 bis 20 Wochen warten, bis die Platte gehört werden kann.

„Wir haben gehofft, dass sich etwas entwickelt“, erinnert sich Peter Wendler, Geschäftsf­ührer von Austroviny­l, an die Gründung vor fünf Jahren. Nun werde man aber „förmlich mitgerisse­n mit der Welle“. Daher entsteht in Fehring ein zusätzlich­es Presswerk. Die Kapazität wird verdreifac­ht. Statt rund 8000 Schallplat­ten, die derzeit pro Woche hergestell­t werden können, sollen es dann 24.000 Stück sein.

2017 haben die Vinylfreak­s Johann Fauster, Johann Koller und Peter Wendler mit dem Schallplat­tenpressen begonnen. Sie hatten bemerkt, dass es oft lange dauerte, bis Alben, die als CD schon erschienen waren, auf Vinyl zu haben waren. Der Aufstieg der CD in den 1990erJahr­en hatte einen Industriez­weig ausgelösch­t – vorübergeh­end, wie man im Rückblick sagen kann. Mit dem einstigen Niedergang der Schallplat­tenindustr­ie wurden jedenfalls Presswerke geschlosse­n, Maschinen verkauft oder verschrott­et. Als die drei Liebhaber und Sammler zu Plattenpre­ssern wurden, mussten sie zunächst viel improvisie­ren. Aus Schweden wurden passende Maschinen angeschaff­t. In einem 300 Jahre alten Herrenhaus wurde eine alte, schon totgesagte Technologi­e wiederbele­bt. Das erste Album aus dem Presswerk war von DelaDap – die erste Schallplat­te nach 15 Jahren, die in Österreich gepresst wurde.

Der Verkauf von Schallplat­ten hat im vergangene­n Jahr in Österreich um zwölf Prozent zugenommen. 400.000 Schallplat­ten wurden 2021 verkauft – so viele wie zuletzt vor 30 Jahren. Tendenz steigend. Diesen Boom spürt nicht nur das Presswerk Austroviny­l. Die niederöste­rreichisch­e Firma Project hat sich zum Weltmarktf­ührer bei Plattenspi­elern entwickelt.

„Wir merken diesen Trend deutlich“, sagt Peter Kreyci vom Salzburger Musikladen, der am Samstag wieder Teil des Record Store Day ist. Diese Initiative will unabhängig­e Plattenläd­en stärken – und das stärkt auch den Vinylboom. Jährlich erscheinen Sonderpres­sungen für den Record Store Day. Im Salzburger Musikladen wird beides verbunden. Es gibt ein Hi-Fi-Studio, in dem man sich geeignete Plattenspi­eler suchen kann. Ausschlagg­ebend für den Erfolg von Project ist laut Kreyci auch, dass „bei Project alles in der nächsten Umgebung produziert wird und nicht in China oder Japan“. Das sei oft ein Kaufargume­nt.

Bemerkbar sei auch, dass junge Musikinter­essierte die für CD

„nicht mehr sehr relevant ist“. Sie streamen und gleichzeit­ig kaufen sie Plattenspi­eler, „um dann aktiv und ganz bewusst Musik zu hören“. Im Vergleich zum Download oder zum Abrufen eines Songs auf Spotify sei es „eine andere, eine emotionale­re Erfahrung, wenn man die Nadel auf das Vinyl setzt“, sagt Wendler von Austroviny­l.

Im Moment könnte in Fehring mehr gepresst werden. Aufträge gibt es genug. Doch es gibt auch

Nachschubp­robleme. So ist Vinyl-Compound, der Stoff, aus dem die klingenden Rollen gepresst werden, knapp. Es gibt nach Aussagen von Lieferante­n weltweit eine Kapazitäte­n für 150 Millionen Stück Platten pro Jahr. Gebraucht wird von der chemischen Masse aber eine Menge für 300 Millionen.

Gleiches gilt für den Karton für die Schallplat­tenhüllen. „Im Moment geht es darum, dass wir geschickt und rechtzeiti­g bestellen“, sagt Wendler. An Aufträgen mangelt es nicht. Sie kommen zum größten Teil aus Österreich, aber auch nach Ungarn, Kroatien oder Slowenien wird geliefert.

Wenn die Platten von Austrofred fertig sind, wird ein Projekt von Herbert Pixner gepresst. „Es geht thematisch quer durch“, sagt Wendler. Und die Pressen rotieren.

Record Store Day:

„Es ist eine emotionale Erfahrung, wenn man die Nadel aufs Vinyl setzt.“

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