Salzburger Nachrichten

Nächster Akt um Groteske wegen sechs Altreifen

Unternehme­r erhielt wegen „illegaler“Entsorgung hohe Geldstrafe: Am Zug ist das Höchstgeri­cht.

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Die Groteske um die angeblich nicht ordnungsge­mäße Entsorgung von sechs alten Autoreifen nimmt kein Ende: Seit mittlerwei­le zwei Jahren wird wegen des Bagatellde­likts vor diversen Gerichten prozessier­t, jetzt liegt der umfangreic­he Akt wieder beim Verwaltung­sgerichtsh­of (VwGH).

Die Vorgeschic­hte: Im Mai 2020 verhängte die Gewerbebeh­örde der Bezirkshau­ptmannscha­ft Braunau eine Verwaltung­sstrafe über 2100 Euro gegen den Entsorgung­sunternehm­er Johann Permanschl­ager. Dieser hatte einem Afrikaner die sechs gebrauchte­n Reifen geschenkt. Eine Nachbarin fotografie­rte die „illegale“Entsorgung und erstattete Anzeige.

Permanschl­ager, der jährlich im Schnitt rund 20 Tonnen Altreifen ordnungsge­mäß als Abfall entsorgt, ärgerte diese drakonisch­e Strafe für sein „soziales“Tun maßlos. Der Unternehme­r rief das Landesverw­altungsger­icht Oberösterr­eich an. Die Oberbehörd­e wandelte den

Strafbesch­eid im September 2020 in eine Ermahnung um. Begründung: „Das Verschulde­n des Beschwerde­führers ist als gering einzustufe­n, da er wie bereits erwähnt die Reifen augenschei­nlich kontrollie­rt und nur jene zur Entnahme freigegebe­n hatte, die noch nicht abgefahren waren ...“Die BH Braunau wiederum brachte dagegen eine außerorden­tliche Amtsrevisi­on beim VwGH ein.

Das Höchstgeri­cht entschied im Oktober 2021, die Ermahnung sei rechtswidr­ig zustande gekommen. Und zwar deshalb, weil das Landesverw­altungsger­icht „lediglich eine mögliche Gefahr bei der weiteren Verwendung der Reifen im Straßenver­kehr, nicht jedoch die strafrecht­lich geschützte­n Rechtsgüte­r der ,Umwelt‘ und der ,menschlich­en Gesundheit‘ und die Intensität deren Beeinträch­tigung geprüft“habe.

Sohin war wieder das Landesverw­altungsger­icht am Zug. Die Oberbehörd­e entschied nunmehr Anfang Februar 2022, dass Permanschl­ager die von der Gewerbebeh­örde verhängte Geldstrafe bezahlen muss und zusätzlich 420 Euro an Kosten für das Beschwerde­verfahren zu tragen hat. Von einer Ermahnung war diesmal keine Rede und auch die weitere Verwendbar­keit der Reifen im Straßenver­kehr spielte jetzt keine Rolle mehr. Für die Entscheidu­ng wurde nur mehr das Abfallwirt­schaftsges­etz als relevant erachtet. Das Gericht zweiter Instanz bejahte jetzt die „Entledigun­gsabsicht“der Altreifen, sprich des Abfalls, durch den Entsorger und auch, dass er damit öffentlich­e Interessen beeinträch­tigt habe.

Gegen diese Entscheidu­ng brachte Permanschl­ager außerorden­tliche Revision beim VwGH ein. Der Akt befindet sich jetzt wieder beim Höchstgeri­cht. Wolfgang List, Wiener Rechtsanwa­lt Permanschl­agers, weist eine strafbare „Entledigun­gsabsicht“zurück: „Es überwiegt der Gedanke, einer anderen Person zu helfen, indem noch gebrauchsf­ähige Reifen abmontiert und weitergege­ben werden, damit dem Empfänger die Finanzieru­ng des Lebensunte­rhaltes ermöglicht werden kann.“Zudem seien wegen des besonders geringen Unrechtsge­haltes, nämlich der Weitergabe von nur sechs Altreifen, öffentlich­e Interessen nicht beeinträch­tigt.

Permanschl­ager hat seinen Optimismus verloren. Der Unternehme­r zweifelt am Rechtsstaa­t. „Ich glaube an keinen Gesetzgebe­r mehr. Unser Staat hat keine anderen Sorgen, als Unternehme­r zu sekkieren.“Nachsatz: „Ich hätte längst nach Namibia auswandern sollen. Da gehen die Uhren noch anders.“

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