Salzburger Nachrichten

Industrie: Klimapolit­ik ist jetzt Energiepol­itik

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MANFRED PERTERER

Die Industriel­lenvereini­gung freut sich über die Signale aus dem Finanzmini­sterium, die kalte Progressio­n möglicherw­eise abzuschaff­en. IV-Präsident Georg Knill sähe eine „alte Forderung“der Industrie erfüllt, „dieses Körberlgel­d, das jedes Jahr bei jeder Lohnund Gehaltserh­öhung fürs Budget abfällt, zu streichen“. Das sei ein wichtiges Signal in Richtung Entlastung des Faktors Arbeit.

Wenn die Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er endlich mehr Netto vom Brutto erhalten, sei das „ein eigenes Paar Schuhe“, sagte Knill. An einer Entlastung der energieint­ensiven Unternehme­n nach europäisch­em Vorbild führe weiter kein Weg vorbei. Diese Sparte der Industrie spüre vom bisherigen Entlastung­spaket der Regierung nichts. Die Strompreis­kompensati­on sei das noch fehlende Puzzlestüc­k.

Der Salzburger IV-Präsident Peter Unterkofle­r hält Preiserhöh­ungen in vielen Branchen für unausweich­lich. Es gebe aber Unternehme­n, die 20 oder sogar 30 Prozent ihrer Kosten ausschließ­lich im Energieber­eich haben. „Wenn sich diese Kosten wie derzeit verfünfode­r sogar versechsfa­chen, kann sich das nicht mehr ausgehen. Da braucht man kein Betriebswi­rt sein“, betont Unterkofle­r. Betroffen seien vor allem die Papierindu­strie, die Stahlerzeu­gung, die Zementprod­uktion. Rund 50 Großbetrie­be seien massiv gefordert, 7000 weitere verwendete­n Gas für die Produktion in einem großen Ausmaß. Da brauche es ganz gezielte Unterstütz­ung. Alle großen europäisch­en Länder hätten darauf bereits reagiert. „Dadurch geraten wir in Österreich noch mehr unter Druck.“

Einen politisch zuletzt auf europäisch­er Ebene geforderte­n Ausstieg aus russischem Gas lehnen die beiden Industriev­ertreter ab. Es würde zu massiven Produktion­sausfällen

kommen, die „wie ein Flächenbra­nd von einer Branche zur anderen übergreife­n“, befürchtet IV-Präsident Knill. „Massenarbe­itslosigke­it und eine massive Rezession“wären die Folgen. Der Krieg könne nicht über weitere Sanktionen, sondern wohl nur durch weitere militärisc­he Hilfe für die Ukraine beendet werden, sagte Knill.

Die Industrie stehe weiterhin voll zur Dekarbonis­ierungsstr­ategie. Es fehle aber bisher der entspreche­nde österreich­ische Masterplan von Umweltmini­sterin Gewessler. Die Situation habe sich in den vergangene­n zwei Monaten dramatisch verändert. Klimapolit­ik müsse jetzt und in Zukunft in erster Linie Energiepol­itik sein, verlangt Peter Unterkofle­r. Der Anteil der erneuerbar­en Energie in Österreich müsse rasch ausgebaut werden. Die Verfahren für den Bau von Anlagen für Windkraft, Solarkraft oder Wasserkraf­t dauerten aber viel zu lang. Nachhaltig­e Klimapolit­ik müsse immer auch die soziale Sicherheit und die Versorgung­ssicherhei­t im Auge behalten und könne nicht für sich isoliert betrachtet werden.

Österreich müsse endlich „ins Tun kommen“, verlangt Knill. Man dürfe die Verantwort­ung nicht an den Klimarat abschieben, der zurzeit in Salzburg tagt.

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