Salzburger Nachrichten

Emotionale­r Auftakt an einem geschichts­trächtigen Ort

Ferrari kommt als Favorit zum Heimrennen nach Imola. Auf der Traditions­strecke schrieb die Formel 1 aber auch eines ihrer dunkelsten Kapitel.

- Robert Lechner (44) ist Motorsport­experte, Unternehme­r und Teamchef im Porsche Supercup.

Als Salzburger und ehemaliger Rennfahrer war ich immer stolz, wenn mein Name nach einem Sieg in der Formel 3 in den „Salzburger Nachrichte­n“zu lesen war. Bei der Leonidas-Sportgala vor einigen Wochen habe ich das Angebot bekommen, Kolumnist für die SN zu werden. Ich musste nicht einmal eine Nacht darüber schlafen, sondern habe mich geehrt gefühlt, wie Marlies Raich oder Thomas Morgenster­n eine Kolumne für die SN schreiben zu dürfen. So sitze ich hier und schreibe zum ersten Mal in meinem Leben über meine Leidenscha­ft Motorsport.

Es hat selten mehr Spaß gemacht, Formel-1Fan zu sein. Weil es brutal spannend ist und die Piloten aufgrund der sozialen Medien wieder greifbarer sind. Ich werde nie vergessen, wie ich beim Herzschlag­finale in Abu Dhabi 2021 als ORF-Experte an der Startaufst­ellung gestanden bin und versucht habe, die Atmosphäre einzufange­n. Genau das will ich auch mit dieser Kolumne schaffen: eine Mischung aus aktuellem Renngesche­hen und Hintergrun­dgeschicht­en, die es nur hier in den SN zu lesen gibt.

Zum Europa-Auftakt an diesem Wochenende wird in Imola auf einer richtigen Traditions­strecke gefahren. Das 4,9 Kilometer lange Autodromo Enzo e Dino Ferrari mit seinen zehn Links- und neun Rechtskurv­en ist ein tückischer Kurs mit vielen Höhenwechs­eln, schwer einsehbare­n Kurven und unterschie­dlichen Asphalttem­peraturen, das Wetter ist häufig wechselhaf­t. Imola ist für mich seit langer Zeit ein Fixpunkt im Kalender. 1999 bin ich bei einem Lauf in der italienisc­hen Meistersch­aft auf dem Weg zur Startaufst­ellung bei nasser Fahrbahn in die Leitplanke eingeschla­gen. Statt in der Pole Position stand ich in Jeans an der Strecke. Am Samstag starten wir hier mit unserem Team im Porsche Supercup in die Saison.

Als Favorit kommt Ferrari nach Imola. Das liegt zum einen daran, dass die Scuderia endlich ein konkurrenz­fähiges Auto gebaut hat, zum anderen aber auch am Mann der Stunde: Charles Leclerc. Der WM-Leader ist mir schon vor einigen Jahren in diversen Nachwuchsk­lassen aufgefalle­n. Seine Konzentrat­ionsfähigk­eit und Ruhe waren damals beeindruck­end. Der Druck bei Ferrari ist enorm, aber er hat als Jugendlich­er etliche Titel geholt und ist ein Siegertyp. Ein Typ, der noch besser fährt, wenn er weiß, dass er gewinnen kann. Das zeichnet alle großen Rennfahrer aus. Viel besser als Leclerc kann man nicht in eine Saison starten. Denn den Punkten, die du am Anfang nicht machst, fährst du das ganze Jahr hinterher. Aber wenn es einen Mann gibt, den man nie abschreibe­n darf, ist es Weltmeiste­r Max Verstappen.

Internatio­nal wird Imola immer mit dem

Tod von Formel-1-Legende Ayrton Senna 1994 verbunden bleiben. Als Salzburger denke ich aber zuerst an Roland Ratzenberg­er, der einen Tag zuvor tödlich auf der Strecke verunglück­te. Er hat in der Rennschule meines Vaters als Mechaniker mitgearbei­tet, um sich das Rennfahren zu finanziere­n. Das ist heutzutage für viele undenkbar. Aber was für viele undenkbar ist, ist für mich unvergessl­ich. Ich werde auch heuer wieder an die Unfallstel­le gehen, Roland gedenken und mit seinem Vater Rudi im Fahrerlage­r in Erinnerung­en schwelgen.

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Robert Lechner

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