Emotionaler Auftakt an einem geschichtsträchtigen Ort
Ferrari kommt als Favorit zum Heimrennen nach Imola. Auf der Traditionsstrecke schrieb die Formel 1 aber auch eines ihrer dunkelsten Kapitel.
Als Salzburger und ehemaliger Rennfahrer war ich immer stolz, wenn mein Name nach einem Sieg in der Formel 3 in den „Salzburger Nachrichten“zu lesen war. Bei der Leonidas-Sportgala vor einigen Wochen habe ich das Angebot bekommen, Kolumnist für die SN zu werden. Ich musste nicht einmal eine Nacht darüber schlafen, sondern habe mich geehrt gefühlt, wie Marlies Raich oder Thomas Morgenstern eine Kolumne für die SN schreiben zu dürfen. So sitze ich hier und schreibe zum ersten Mal in meinem Leben über meine Leidenschaft Motorsport.
Es hat selten mehr Spaß gemacht, Formel-1Fan zu sein. Weil es brutal spannend ist und die Piloten aufgrund der sozialen Medien wieder greifbarer sind. Ich werde nie vergessen, wie ich beim Herzschlagfinale in Abu Dhabi 2021 als ORF-Experte an der Startaufstellung gestanden bin und versucht habe, die Atmosphäre einzufangen. Genau das will ich auch mit dieser Kolumne schaffen: eine Mischung aus aktuellem Renngeschehen und Hintergrundgeschichten, die es nur hier in den SN zu lesen gibt.
Zum Europa-Auftakt an diesem Wochenende wird in Imola auf einer richtigen Traditionsstrecke gefahren. Das 4,9 Kilometer lange Autodromo Enzo e Dino Ferrari mit seinen zehn Links- und neun Rechtskurven ist ein tückischer Kurs mit vielen Höhenwechseln, schwer einsehbaren Kurven und unterschiedlichen Asphalttemperaturen, das Wetter ist häufig wechselhaft. Imola ist für mich seit langer Zeit ein Fixpunkt im Kalender. 1999 bin ich bei einem Lauf in der italienischen Meisterschaft auf dem Weg zur Startaufstellung bei nasser Fahrbahn in die Leitplanke eingeschlagen. Statt in der Pole Position stand ich in Jeans an der Strecke. Am Samstag starten wir hier mit unserem Team im Porsche Supercup in die Saison.
Als Favorit kommt Ferrari nach Imola. Das liegt zum einen daran, dass die Scuderia endlich ein konkurrenzfähiges Auto gebaut hat, zum anderen aber auch am Mann der Stunde: Charles Leclerc. Der WM-Leader ist mir schon vor einigen Jahren in diversen Nachwuchsklassen aufgefallen. Seine Konzentrationsfähigkeit und Ruhe waren damals beeindruckend. Der Druck bei Ferrari ist enorm, aber er hat als Jugendlicher etliche Titel geholt und ist ein Siegertyp. Ein Typ, der noch besser fährt, wenn er weiß, dass er gewinnen kann. Das zeichnet alle großen Rennfahrer aus. Viel besser als Leclerc kann man nicht in eine Saison starten. Denn den Punkten, die du am Anfang nicht machst, fährst du das ganze Jahr hinterher. Aber wenn es einen Mann gibt, den man nie abschreiben darf, ist es Weltmeister Max Verstappen.
International wird Imola immer mit dem
Tod von Formel-1-Legende Ayrton Senna 1994 verbunden bleiben. Als Salzburger denke ich aber zuerst an Roland Ratzenberger, der einen Tag zuvor tödlich auf der Strecke verunglückte. Er hat in der Rennschule meines Vaters als Mechaniker mitgearbeitet, um sich das Rennfahren zu finanzieren. Das ist heutzutage für viele undenkbar. Aber was für viele undenkbar ist, ist für mich unvergesslich. Ich werde auch heuer wieder an die Unfallstelle gehen, Roland gedenken und mit seinem Vater Rudi im Fahrerlager in Erinnerungen schwelgen.