Das Talent holt seinen ersehnten Top-Platz
Felix Gall belegt Rang sechs bei der Tour of the Alps, die am Schlusstag einen totalen Umsturz und den Gesamtsieg von Romain Bardet brachte.
LIENZ. Dass ein Profi-Radrennen nicht immer über 200 Kilometer und 5000 Höhenmeter haben muss, um tollen Sport und viel Spannung zu bringen, das bewies der Schlusstag bei der Tour of the Alps: „Nur“114 Kilometer quer durch Osttirol standen auf dem Programm, doch die hatten es in sich. Auf engen Straßen wie der Pustertaler Höhenstraße, bei Dauerregen und sieben Grad waren es die Bedingungen, die den Fahrern hart zugesetzt haben. Viele verzichteten angesichts der Bergprüfungen auf Jacken und mussten der Kälte Tribut zollen. Auch der spanische Gesamt-Leader Pello Bilbao (Team Bahrain) brach ein und vergab auf den letzten Kilometern den scheinbar sicheren Sieg.
Der ging schließlich an den Franzosen Romain Bardet, der in seinen Annalen immerhin einen zweiten Gesamtrang bei der Tour de France (2016) stehen hat. „Es war eine
Rundfahrt, die genau nach meinem Geschmack war. Ich kann mir nicht viele Plätze außerhalb Frankreichs vorstellen, in denen ich leben möchte, aber Ost- und Südtirol gehören dazu“, meinte Bardet, der sich mit Tagessieger und Landsmann Thibaut Pinot über einen „schönen Tag für den französischen Radsport“freuen durfte. „Thibaut und ich, wir fahren schon so viele Jahre gegeneinander, da ist es auch schön, dass wir angesichts der vielen jungen Profis noch einmal beide gewinnen konnten.“
Im Windschatten der beiden Franzosen schrieb aber der junge Osttiroler Felix Gall seine eigene Erfolgsgeschichte: Erstmals lag er bei einer größeren Profi-Rundfahrt in der Endabrechnung unter den Top Ten, das war sein größter KarriereErfolg – und sehnsüchtig erwartet.
Gall war 2015 Junioren-Weltmeister, seitdem gilt er als viel gelobtes Talent. Doch zeigen konnte er das zu selten. „Auch weil ich mich mit zu vielen Fahrern aus meiner Altersgruppe verglichen habe, die schon in der Weltklasse angekommen sind“, meinte Gall. Doch in diesem Jahr läuft es ganz anders, der Wechsel zum französischen Team AG2R hat ihm gutgetan. Der 12. Rang in der Vorwoche bei der Baskenland-Rundfahrt war schon ein besonderer Erfolg für ihn und das Zeichen, „dass ich es ja doch draufhabe“. Das wollte er in seiner Heimat zeigen, doch das gelang – obwohl sein Team nach einigen Stürzen am Schlusstag nur noch aus drei Fahrern bestanden hat und er auf sich allein gestellt war.
Die Top-Platzierung verändert jetzt die Sichtweise auf den kommenden Giro d’ Italia (ab 6. Mai). Als Allrounder kann er auch da die Gesamtwertung ins Auge nehmen. „Es klingt jetzt hochtrabend, aber das muss mein Ziel sein.“